Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Laschet verteidigt seinen Lockerungskurs
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident glaubt an ein gestärktes Europa nach der Corona-Krise
DÜSSELDORF/RAVENSBURG - Im anhaltenden Streit um die Geschwindigkeit bei den Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) seinen in die Kritik geratenen Kurs verteidigt. Bei so niedrigen Infektionszahlen sei „ein so umfassender Eingriff“in die Grundrechte nicht mehr vertretbar. Er sprach sich für ein „tastendes Öffnen, mit klaren Regeln“aus, aber gegen ein Abschaffen aller Regeln im Hauruckverfahren. Sein Vorgehen unterscheide sich stark von den Forderungen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).
Laschet argumentierte ähnlich wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der am Freitag an die
Bürger appellierte, trotz der Lockerungen vernünftig zu bleiben und sich an die Hygieneregeln zu halten. „Selbstverständlich sind anderthalb Meter Abstand und die Gesichtsmaske lästig, das weiß ich auch. Aber gerade jetzt, wo wir so weit gekommen sind und es miteinander geschafft haben, die Infektionskurve abzuflachen, sollten wir jetzt nicht undiszipliniert werden, sondern Stück für Stück die Lockerungen vornehmen“, betonte der Bundespräsident.
In der Europapolitik stellte sich Laschet klar hinter das Milliardenhilfspaket von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Mit diesem Vorstoß bestehe die Chance, „dass Europa am Ende der Krise stärker“sein werde. Der nordrhein-westfälische Landeschef warnte zugleich vor einer Rückbesinnung auf „nationalstaatliche Lösungen“. „Wenn wir nicht als großer, gemeinsamer Raum wettbewerbsfähig sind, wird ein Unternehmen nach dem anderen in Europa von China übernommen“, sagte er. Sich gegen diese Entwicklungen zu stemmen, gehe nur gemeinsam.
Im Wettbewerb mit Friedrich Merz und Norbert Röttgen um den CDU-Vorsitz baut der 59-Jährige auf ein „klares Profil in der Industrieund Wirtschaftspolitik und eine Null-Toleranz-Politik in der Inneren Sicherheit“. „Wir setzen hier seit fast genau drei Jahren Themen um, die auch eher konservativ geprägten Menschen ein wichtiges Anliegen sind“, sagte Laschet. So werbe er um Vertrauen – auch bei den Delegierten aus Baden-Württemberg, die bis dato mehrheitlich dem Lager von Friedrich Merz zugerechnet werden.
Dass in den aktuellen Umfragen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der Favorit für die Unionskanzlerkandidatur ist, lässt Laschet nach eigenem Bekunden kalt, „weil ich tue, was ich für richtig halte“. Zu den Aussagen Söders, nicht an einer Kanzlerkandidatur für die Union interessiert zu sein, sagte er: „Ich glaube Markus Söder grundsätzlich alles, was er sagt.“
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