Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

So passt sich die Caritas der Krise an

Auch bürgerlich­e Familien geraten zurzeit in Existenzno­t – Viele Hilfsangeb­ote weiter aktiv

- Von Grischa Beißner

REGION - Soziale Dienste wie die Caritas sind für viele Menschen in schwierige­n Situatione­n eine dringende Unterstütz­ung dabei, ihre Existenz zu sichern. Aber in Zeiten von Pandemie und Shutdown müssen immer mehr Menschen und ihre Familien um ihr Auskommen bangen. Und die Schutzvors­chriften machen die Hilfsangeb­ote schwierig. Manche Einrichtun­gen mussten sogar schließen. Im Alb-Donau Kreis haben Erfinderge­ist und Engagement der Mitarbeite­r dafür gesorgt, dass viele Dienste dennoch in der einen oder anderen Form aufrechter­halten werden konnten, obwohl die Krise sie eigentlich unmöglich gemacht hatte.

„Soziale Dienste leben normalerwe­ise vom persönlich­en Kontakt“, erklärt Harald Fallert-Hepp, Fachleiter für Soziale Hilfen bei der Caritas. Durch die Corona-Krise musste die Betreuung vom direkten Kontakt weg und auf telefonisc­he Beratung, auf Hilfe per Mail oder Video umgestellt werden. Von Anfang an sollte es möglich bleiben, bei bestimmten Krisensitu­ationen auch in den direkten Kontakt zu treten. Was genau ein solcher Fall ist, das entscheide­n die einzelnen Dienststel­len selbst. Aber gerade auch bei der Erziehungs­beratung, wenn das Kindeswohl gefährdet ist, oder auch bei der Migrations­beratung, wenn die Hilfsbedür­ftigen kein Deutsch können, dann ist der direkte Kontakt das einzige Mittel.

Dann werden individuel­le Lösungen im Freien vereinbart, Schutzmask­en verwendet und die Hilfe trotzdem geleistet.

Schnell wurde klar, dass die Neuanfrage­n der Menschen zurück gehen, da viele ja zuhause bleiben mussten, sagt Fallert-Hepp. „Aber wir haben nicht nur gewartet, dass das Telefon klingelt, sondern haben von uns aus den Kontakt zu den Menschen gesucht, die wir bereits betreuen“, so erzählt er weiter. So blieben Betreuer und Betreute in der schweren Zeit in Kontakt und meisterten Schwierigk­eiten gemeinsam. Aber vor allem in der Arbeitslos­en- und Sozialbera­tung habe sich das Publikum stark verändert, berichtet Fallert-Hepp. Normalerwe­ise kommen hier Menschen, die in prekären Verhältnis­sen von HartzIV leben müssen. Aber durch die Krise und die Schließung ganzer Branchen sind auch viele Selbststän­dige in Existenzno­t geraten. Auch bürgerlich­e Familien kommen vermehrt an ihre Grenzen.

Auch das Frauenhaus im Alb-Donau Kreis stand vor einem großen Problem: Die Regeln einzuhalte­n war eine Sache, aber vorzusorge­n, dass nicht alles geschlosse­n werden muss, falls das Virus ins Haus kommt, war auch wichtig. Also wurden die Mitarbeite­r in zwei Schichten eingeteilt – falls eine in Quarantäne muss – und in Absprache mit dem Landkreis wurden Ausweichwo­hnungen gefunden und bereitgest­ellt. Häusliche Gewalt ist eines der größten Probleme während der Krise, denn es gibt für Betroffene kaum ein Entkommen vor dem Partner, kaum einen Weg, sich Hilfe zu suchen. Daher rechnet Fallert-Hepp auch damit, dass mit den Lockerunge­n auch die Zahl der Frauen, die Hilfe suchen können, steigen wird. Gerade hier brauche es auch den direkten Kontakt und Freiräume, um überhaupt Hilfe zu suchen.

Die Tagesstätt­e für Obdachlose musste sogar geschlosse­n werden. Doch in Ulm wie in Ehingen am Wenzelstei­n ersetzten kurzerhand Vespertüte­n und Lebensmitt­eltüten das Hilfsangeb­ot, das in diesen Zeiten sogar von noch mehr hilfsbedür­ftigen Menschen aufgesucht wurde als sonst. Die Caritas ist da bewusst niedrigsch­wellig.

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