Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Das Problem mit dem Erbschein
Wann und wofür Erben das behördliche Dokument benötigen
MÜNCHEN/BONN (dpa) - Nach dem Tod eines Angehörigen trotz Trauer rational denken und handeln: Für viele Hinterbliebene ist dies vor allem in der Anfangsphase alles andere als einfach.
Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, sich um den Nachlass zu kümmern. Dann müssen Angehörige Konten, die Wohnung sowie Verträge des Verstorbenen auflösen. Das dürfen selbstredend nur die Erben. Um sich als solche etwa gegenüber Banken, Behörden und Vermietern auszuweisen, benötigen Hinterbliebene oft einen Erbschein.
In dem amtlichen Dokument steht, wer Erbe ist und wie groß sein Erbteil ist. Häufig sind es vor allem Banken, die einen Erbschein fordern.
Hinterbliebene können den Erbschein beim Notar oder Nachlassgericht beantragen – also beim Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen. Das ist schriftlich möglich. Oder sie gehen persönlich zum Gericht und erklären es mündlich. „Ein Rechtspfleger erstellt dann über das Gesagte ein Protokoll“, sagt Anton Steiner, Fachanwalt in München sowie Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht.
Erben können den Antrag gemeinsam oder einzeln stellen. Neben dem Antrag müssen sie den Personalausweis, die Sterbeurkunde des Verstorbenen sowie die Geburtsund Sterbeurkunden aller Erben vorlegen – entweder im Original oder in beglaubigter Abschrift.
In beiden Fällen, beim Gericht und beim Notar, müssen Erben an Eides statt versichern, dass die Angaben nach ihrem Dafürhalten der Wahrheit entsprechen. Das Nachlassgericht überprüft die Angaben.
„Wenn alles glatt geht und das Gericht keine Nachfragen hat, dauert ein Erbscheinverfahren im Schnitt vier bis fünf Wochen“, erklärt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht in Bonn sowie Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögensvorsorge.
Die Höhe der Gebühren hängt vom Wert des Nachlasses ab. Details dazu finden Angehörige in der Gebührentabelle B zum Gerichts- und Notarkostengesetz.
Einige Beispiele: Bei einem Nachlasswert von 50 000 Euro liegt die
Hinterbliebene können in einigen Fällen auch ein europäisches Nachlasszeugnis beantragen. „Das ist angebracht, wenn der Erblasser seinen
hatte und zusätzlich ein Haus zum Beispiel am Gardasee oder eine Wohnung etwa in Kärnten besaß“, erklärt Anton Steiner, Fachanwalt
Gebühr für die Erteilung des Erbscheins bei 165 Euro. Hinzu kommen weitere 165 Euro für die eidesstattliche Versicherung, macht insgesamt 330 Euro. Wer 200 000 Euro erbt, zahlt für den Erbschein rund 870 Euro. Bei einem Nachlass von einer für Erbrecht in München. Damit können sich Hinterbliebene als Erben im Ausland legitimieren. Das Dokument müssen sie ebenfalls beim Nachlassgericht beantragen. Das europäische Nachlasszeugnis gilt überall in Europa. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark. (dpa)
Million Euro liegen die Kosten für den Erbschein etwa bei 3470 Euro.
Gehören Grundstücke zum Nachlasses, müssen Erben deren Verkehrswert angeben. Ist dieser nicht bekannt, ist der Bodenrichtwert der Stadt oder Gemeinde maßgeblich. Bei vermieteten Immobilien müssen Erben den Ertragswert angeben, wenn sie einen Erbschein beantragen.
Für Hinterbliebene, die den Erbschein über einen Notar beantragen, wird es meist teurer. „Der Notar muss im Gegensatz zum Gericht die Mehrwertsteuer auf seine Gebühren berechnen“, erklärt Steiner. Der Vorteil: Der Notar kümmert sich um den Antrag.
Nicht immer brauchen Hinterbliebene einen Erbschein. „Das ist der Fall, wenn sie sich beispielsweise durch ein notarielles Testament als Erben ausweisen können“, sagt Rott.
Um sich etwa gegenüber Banken oder Behörden als Erben zu legitimieren, kann aber genauso ein Erbvertrag in Verbindung mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll genügen.
Auch die beglaubigte Abschrift eines handschriftlichen Testaments mit Eröffnungsvermerk kann ausreichen, um von Dritten als Erbe anerkannt zu werden, urteilte der Bundesgerichtshof.
Das Nachlassgericht kann einen bereits erteilten Erbschein wieder einziehen. Das ist der Fall, wenn sich später herausstellt, dass ein Dokument die falsche Person als Erbe ausweist. „Das ist zum Beispiel möglich, wenn eines Tages ein jüngeres gültiges Testament auftaucht, das eine andere Erbfolge vorsieht“, erläutert Rott.
Das geht aber keinesfalls zulasten gutgläubiger Dritter. Ein Beispiel: Jemand kauft von einem anderen, der dem Erbschein zufolge der Erbe ist, ein Kunstwerk des Verstorbenen. Der rechtmäßige Erbe kann das Kunstwerk nicht zurückverlangen. „Aber er bekommt vom unrechtmäßigen Erbe das Geld wieder, das dieser für das Kunstwerk bekommen hat“, erklärt Rott.
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