Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Drohkulisse kehrt mit Macht zurück
Die Anzahl der Corona-Fälle steigt, Tausende Zuschauer in den Stadien dürften eine Seltenheit bleiben – Rummenigge warnt vor Schäden
MÜNCHEN (dpa) - Der befremdliche Eindruck von Kiew hinterließ Joachim Löw im Zwiespalt. Der Bundestrainer freute sich „auf der einen Seite“über die Tausenden Fans beim Gastspiel der Nationalmannschaft in der von der Corona-Pandemie stark betroffenen Ukraine. „Auf der anderen Seite, klar, weiß man auch, dass es manchmal nicht ganz so ungefährlich ist“, sagte Löw in der ARD. Ähnliche Kulissen in Bayerns Stadien sind erst einmal ausgeschlossen.
„Wir sind absolut von politischen Entscheidungen abhängig, wie das ganze Land. Und wenn die politischen Entscheidungen so getroffen werden, dann ist man schon ein Stück ohnmächtig“, sagte BayernChef Karl-Heinz Rummenigge und mahnte eindringlich: „Wenn wir nicht bald wieder Fans in den Stadien haben, dann befürchte ich, wird der Fußball großen Schaden erleiden.“Er mache sich „größte Sorgen um die Fußball-Kultur“.
Die bundesweit steigenden Corona-Zahlen sprechen deutlich gegen viele Zuschauer in den Arenen, in Augsburg durften immerhin schon wieder 6000 rein. Der kritische und auch für die Deutsche Fußball Liga wichtige Wert von 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner pro Woche wurde in den vergangenen Tagen in etlichen Städten überschritten. Am Wochenende wurde aus Köln und Stuttgart (damit droht dem VfB Stuttgart am 23. Oktober ein Heimspiel gegen Köln ohne Zuschauer) ein Inzidenz-Wert von über 50 gemeldet. Auch Berlin, Frankfurt und Bremen liegen über dieser Schwelle.
„Es wird langsam gefährlich“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Corona sei genauso gefährlich wie im Frühjahr. Im März und April hatten DFL und Clubs um die Ausrichtung wenigstens von Geisterspielen gerungen, um die Saison abschließen zu können. Die teilweise Wiederzulassung von Zuschauern zum Start der neuen Spielzeit im September sorgte für Aufbruchstimmung – aber auch für viele offene Fragen.
Bundesweit ist in einer Testphase bis Ende Oktober grundsätzlich eine Auslastung von maximal 20 Prozent der jeweiligen Stadien-Kapazität erlaubt. Die endgültige Entscheidung treffen aber die lokalen Behörden. Die Stadt München teilte zuletzt mit, dass wegen der Corona-Lage die Spiele in der Landeshauptstadt mindestens bis zum 25. Oktober ohne Fans stattfinden. „Ich werfe niemandem etwas vor, aber ich habe das Gefühl, dass der rote Faden zwischen Fußball und Politik etwas verloren gegangen ist“, so Rummenigge.
In Kiew, vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiet eingestuft, sahen 17 573 Zuschauer den 2:1-Sieg der DFB-Auswahl. Ordner sorgten für den vorgeschriebenen Mindestabstand, den Eindrücken nach trugen so gut wie alle Zuschauer einen Mund-Nasen-Schutz. „Und im Umfeld des Stadions wurden entsprechende Maßnahmen getroffen“, sagte Löw. „Von daher habe ich mich nicht besonders in Gefahr gefühlt.“