Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Training für den Atomkrieg
Luftwaffe übt mit Nato-Partnern den Verteidigungsfall
NÖRVENICH/BÜCHEL (dpa) - Die deutsche Luftwaffe trainiert mit Nato-Partnern die Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen. In dieser Woche hat eine geheime Bündnisübung mit dem Namen „Steadfast Noon“begonnen. Dabei wird unter anderem der Einsatz von Jagdbombern trainiert, die im Kriegsfall mit Nuklearwaffen bestückt werden könnten.
Ein Schauplatz der Übung ist in diesem Jahr der Fliegerhorst Nörvenich in Nordrhein-Westfalen. Er gilt als möglicher Ausweichstandort für die taktischen US-Atomwaffen vom Typ B61, die nach offiziell unbestätigten Angaben im rheinland-pfälzischen Büchel lagern. In Büchel läuft derzeit gleichzeitig die Übung „Resilient Guard“, bei der die Luftwaffe trainiert, den dortigen Fliegerhorst gegen einen möglichen Angriff zu verteidigen. Nach Angaben der Bundeswehr wird dazu unter anderem der Einsatz des Flugabwehrraketensystems Patriot in schwierigem Gelände geübt. Die in Büchel stationierten B61 könnten im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“in der Nato im Ernstfall auch von deutschen Tornados abgeworfen werden und dann zum Beispiel gegnerische Streitkräfte ausschalten. Weitere US-Atomwaffen sollen in Italien, Belgien, der Türkei und den Niederlanden lagern. An der Übung sind zum Beispiel auch niederländische, belgische und italienische Kampfflugzeuge beteiligt.
Die Bundeswehr teilte im Internet mit, dass die italienische Luftwaffe bis zum 15. Oktober mit zehn Luftfahrzeugen zu Gast in Nörvenich sei. Das Flugaufkommen am Fliegerhorst werde sich in dieser Zeit erhöhen, heißt es. Nach Angaben von Militärexperten wird bei den regelmäßig im Oktober stattfindenden „Steadfast Noon“-Manövern unter anderem geübt, wie man die US-Atomwaffen sicher aus unterirdischen Magazinen zu den Flugzeugen transportiert und unter die Kampfjets montiert. Bei Übungsflügen wird dann allerdings ohne Bomben geflogen. Die Gefahr eines auch mit Atomwaffen geführten Krieges gilt als deutlich höher als in den vergangenen drei Jahrzehnten. Grund ist vor allem das Ende des INFVertrags zum Verzicht auf landgestützte atomwaffenfähige Mittelstreckensysteme. Die USA hatten das Abkommen im Sommer 2019 mit Rückendeckung der Nato-Partner aufgelöst, weil sie davon ausgehen, dass Russland es seit Jahren verletzt.