Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Rekordmann Müller empfiehlt sich – mal wieder
Die Münchner Tormaschine befeuert ein Dauerthema
für die Mannschaft ist, hat er schon mehrfach demonstriert. „Ich glaube, dass der Gonzo einer der extrem unterschätzten Spieler in diesem Club war“, sagte Stuttgarts Sportdirektor Sven Mislintat am Tag nach dem Sieg. „Er war nie ein Lautsprecher, sondern lässt so ein bisschen seine Leistung, seine Laufstärke, sein taktisches Verständnis für sich sprechen.“In der vergangenen Saison in der 2. Liga zählte der 33-Jährige nur selten zu den Besten beim VfB. Eine Klasse höher scheint er zu alter Stärke zurückzufinden. Die offensivere Ausrichtung der Schwaben und die größeren Räume, die er in der Bundesliga bekommt, tun ihm gut.
Dadurch, dass er nicht mehr 25 Jahre jung sei, habe ihm das physische Level der 2. Liga nicht sonderlich geschmeckt, erklärte Mislintat. Zudem scheint ihn die neue Rolle als Anführer zu beflügeln. „Er kann die Jungs nicht nur dirigieren, er kann auch Fußball spielen“, betonte Trainer Pellegrino Matarazzo. „Er zeigt es im Training und Woche für Woche, wie wichtig er ist für uns“, lobte der 42 Jahre alte VfB-Coach. Seit Sommer 2018 spielt Castro für die Stuttgarter, in dieser Saison führt der ehemalige Nationalspieler die Schwaben als Kapitän auf dem Feld an, was auch im Olympiastadion zu einem überzeugenden Gesamtauftritt führte.
„Die Binde tut ihm auch gut, die gibt ihm auch nochmal ein bisschen Schwung“, sagte Mislintat. Ob seine ansteigende Form dazu führt, dass sein im Sommer 2021 auslaufender Vertrag verlängert wird, ließ der Sportdirektor offen. Diese Gespräche werde man in aller Ruhe führen, meinte er. Castro selbst hat es in der Hand, sie positiv zu beeinflussen.
BIELEFELD (SID) - Thomas Müller begegnete der naheliegenden „NFrage“äußerst diplomatisch. Müsste der so formstarke Leader des TripleGewinners Bayern München für die anstehende EM nicht zwingend in die Nationalmannschaft zurückkehren? „Dass ich mich in einer guten Verfassung befinde, sieht jeder“, erwiderte Müller cool: „Aber viel mehr Worte brauchen wir darüber nicht verlieren.“Lieber wollte der herausragende Doppeltorschütze der Bayern über das 4:1 (3:0) bei Aufsteiger Arminia Bielefeld sprechen. Auf der Alm bewies der im DFB-Team ausgebootete Ex-Weltmeister einmal mehr seine Klasse – und die Münchner zeigten, dass sie in der Bundesliga nach ihrem Ausrutscher in Hoffenheim zurück in der Spur sind.
„Wir wollten heute wieder etwas mehr an die hundert Prozent rangehen, die uns im Sommer ausgezeichnet haben. Das ist uns gelungen“, analysierte Müller zufrieden. Trainer Hansi Flick hielt für Müller ein seltenes Sonderlob bereit: „Thomas war mit Robert Lewandowski heute unser wichtigster Mann. Es ist einfach klasse, wie er die Räume sieht.“
Nicht nur die Bayern stellten durch ihre bereits 17 Treffer nach vier Spielen den Startrekord von Borussia Mönchengladbach ein (1967/ 68). Auch Müller sicherte sich einen Eintrag in den Geschichtsbüchern. Durch seine Vorlage zum 3:0 durch den mindestens genauso herausstechenden Lewandowski hat er nun 150 Bundesliga-Assists auf dem Konto, so viele wie kein anderer seit Beginn der Datenerfassung 1988/89.
Zunächst aber traf Müller selbst (8.) und legte später nach (51.). Lewandowski, der auch Müller bei dessen Führung stark bediente, vollendete mit seinen Saisontoren sechs (25.) und sieben (45.+1) seine persönliche Sammlung. Der Pole hat nun gegen alle aktuellen Bundesligisten getroffen. Dass Corentin Tolisso wegen einer Notbremse (76.) die Rote Karte sah, war „blöd“(O-Ton Flick) und einer von zwei Schönheitsfehlern. Denn auch der Ehrentreffer durch Arminias stärksten Spieler Ritsu Doan (58.) offenbarte einige Lücken in der manchmal zu sorglosen Bayern-Abwehr, die in dieser Saison bereits acht Gegentore zuließ.
Am Mittwoch (21 Uhr/Sky) beim Champions-League-Auftakt gegen Atletico Madrid dürfte eine weitaus größere Herausforderung auf die Münchner Defensive zukommen. Angesichts von sechs Spielen innerhalb von 18 Tagen will Flick die gesamte Breite seines Kaders ausreizen. Von einer zu großen Belastung möchte Müller derweil nichts wissen. „Ich erinnere mich an die Zeit zurück, lang, lang ist's her, als ich Nationalspieler war, von September bis Weihnachten hatten wir durchgehend englische Wochen“, sagte der 31-Jährige, der die Spiele als „einen gewissen Reiz“versteht: „Ich kann die Beschwerden wegen der CoronaGeschichte nicht nachvollziehen.“
Die Nachfragen zum Thema DFBTeam dürften ihn hingegen kaum überraschen, er ist sie längst gewohnt. Mehrere Experten forderten zuletzt eine Rolle rückwärts von Bundestrainer Joachim Löw, der das Trio Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng einige Monate nach dem WM-Debakel aus seinem Team gestrichen hatte. Müller lässt das kalt, zumindest äußerlich. „Das lassen wir schön ruhig angehen und schauen, was passiert“, sagte er.