Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Erst die letzten Kilometer krönen Giro-Sieger Hart
Im Zeitfahren nach Mailand nimmt der 25-jährige Brite dem zuvor zeitgleichen Verfolger Hindley 39 Sekunden ab
MAILAND (SID) - Auf dem Weg zur Piazza del Duomo trieb der ganz normale Wahnsinn eines völlig verrückten Giro d’Italia letzte Blüten. Jai Hindley und Tao Geoghegan Hart, zwei Jungstars, die in ihren Teams eigentlich nur Helfer hätten sein sollen, kämpften am Sonntag im 15,7 Kilometer langen Einzelzeitfahren nach Mailand um den Gesamtsieg.
Was für sich genommen außergewöhnlich genug war, machte ein Umstand noch brisanter: Nach mehr als 85 Stunden und fast 3500 Kilometer durch Regen und Wind, Kälte und anhaltende Corona-Sorgen lagen beide Fahrer praktisch zeitgleich an der
Spitze. Nur 86 Hundertstelsekunden trennten den australischen Spitzenreiter Hindley (Team Sunweb) von seinem britischen Rivalen Geoghegan Hart (Ineos Grenadiers).
Auch wenn Geoghegan Hart im Kampf gegen die Uhr schließlich der klar Stärkere war und noch mit 39 Sekunden Vorsprung das Rosa Trikot gewann: Selten war das Finale einer Grand Tour enger, nie zuvor waren zwei Kontrahenten um den Gesamtsieg vor dem Finale gleichauf.
„Es wird eine ganze Weile dauern, bis das bei mir angekommen ist“, sagte der überglückliche Geoghegan Hart. „In meiner ganzen Karriere habe ich davon geträumt, einmal unter den besten Zehn oder vielleicht Fünf in einem solchen Rennen zu landen.“
Das Spektakel um die Trofeo Senza Fine, den gold-geschwungenen Siegerpokal, passte zu einem denkwürdigen und überaus kontroversen Giro.
Positive Corona-Tests in der „Blase“, Fahrerproteste während der 19. Etappe, der Rückzug zweier Teams und sogar die vorläufige Suspendierung eines Radprofis nach positiven Dopingproben – über diesen eigenartigen Giro wird noch lange gesprochen werden. Übrigens: Das Ziel in Mailand erreichten nur 133 von 176 gestarteten Fahrern.