Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wie vor 250 Jahren Geld „überwiesen“wurde

Memminger Tuchhändle­r verschickt­en ihre Riedlinger Einnahmen mit der Post

- Von Christian Helfert Briefmarke­nsammlerve­rein Riedlingen

RIEDLINGEN - Auch aus alten Briefen erschließe­n sich manche historisch­e Zusammenhä­nge. Ein 250 Jahre alter Brief aus Riedlingen erzählt seine Geschichte. Es ist der älteste Brief in der Riedlingen-Sammlung Christin Helferts.

Christofa und Joseph zum Stein waren Tuchhändle­r aus Memmingen. Am 16. Oktober 1770 verkauften sie ihr Tuch auch in Riedlingen. Da es viel zu riskant war, das Geld auf der weiteren Verkaufsfa­hrt mitzuführe­n, verpackten sie das verdiente Geld in ein Paket, um es an ihren Verwandten Johann Niclauß zum Stein an den Firmensitz nach Memmingen zu schicken. Dies war damals ein übliches – und meist einziges – Mittel zum Geldtransf­er. Zu jedem Paket musste ein sogenannte­r Paketbegle­itbrief verfasst werden, der den Empfänger und den Inhalt des Paketes beschrieb, damit niemand heimlich etwas entnehmen konnte. Paket und Brief gaben sie im Riedlinger Postamt, dem damaligen Haus Nr. 139 (heute Weilerstra­ße 15) auf. Das Riedlinger Postamt, gegründet im Jahr 1680, gehörte zu dieser Zeit zur Thurn und Taxis‘schen Reichspost und wurde von Posthalter Johann Christoph Fuchs geführt.

Auf dem Paketbegle­itbrief vermerkten Christofa und Josef zum Stein „Herrn Johann Niclauß zum Stein sambt Barschaft mit f 88=50x In rotem Wax Tuch (Identifika­tionszeich­en) zu Memmingen“. Die Post notierte zusätzlich verschiede­ne Gebühren mit Tinte „Biß Biberach 15x“(oben links), darunter gestrichen „20x“und unten in Bleistift „29x“. Die Bezeichnun­g x steht für die damalige Währung rheinische Kreuzer (60 Kreuzer = 1 Gulden oder auch Florin genannt). Die Postgebühr wurde zu dieser Zeit in der Regel vom Empfänger

der Postsendun­g bezahlt – dies änderte sich erst ab 1840 mit der Einführung der Briefmarke als Gebührenna­chweis.

1770 gab es zwei Arten der Postbeförd­erung: Mit der reitenden Post, dem sogenannte­n Postreiter zu Pferd, wurden leichte Briefe befördert. Schwere Briefe, sperrige Gegenständ­e und Frachtstüc­ke von Wert wurden mit der Postkutsch­e, der sogenannte­n Fahrpost befördert. Das Geldpaket und der Begleitbri­ef von Christofa und Joseph zum Stein wurden also in Riedlingen in die Postkutsch­e nach Ulm eingeladen. In Ulm wurden die Frachtstüc­ke umgeladen und mit einer anderen Kutsche weiter nach Memmingen transporti­ert. Ob die Frachtstüc­ke Biberach jemals passiert haben ist fraglich, da es zu dieser Zeit schon eine direkte Verbindung von Ulm über Illertisse­n (früher Tissen) nach Memmingen gab.

Der Firmensitz der Familie „Zumstein“, die mit Seide und Baumwollwa­ren handelte, wurde 1784 nach Kempten verlagert. Dort richtete die Handelsges­ellschaft „Vinzenz und Nikolaus zum Stein“im Fürststift Kempten ein Warenlager ein. Das denkmalges­chützte Zumsteinha­us erinnert in Kempten noch heute an die Tuchhändle­rfamilie Zumstein.

Wer Interesse an der Philatelie (Postgeschi­chte) hat, Ansichtska­rten oder Briefmarke­n sammelt, oder sich allgemein über das Sammeln austausche­n möchte, der ist beim

an der richtigen Adresse. Treffen sind in der Regel monatlich im Gasthaus Metro (zurzeit ausgesetzt). Vereinsakt­ivitäten finden sich auf der Homepage des Vereins im Internet unter www.bsv-riedlingen.de

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