Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Amazon droht eine Milliardenstrafe der EU
Wettbewerbskommissarin Vestager wirft Konzern vor, Daten von Händlern zum eigenen Vorteil zu nutzen
BRÜSSEL (dpa) - Der weltgrößte Online-Händler Amazon muss eine milliardenschwere Wettbewerbsstrafe der EU fürchten. Nach dem vorläufigen Ergebnis von Untersuchungen der EU-Kommission missbraucht das amerikanische Unternehmen seine Marktmacht und verstößt damit gegen Kartellvorschriften.
Amazon werde vorgeworfen, nichtöffentliche Geschäftsdaten von unabhängigen Händlern systematisch für das eigene Einzelhandelsgeschäft zu nutzen, erklärte die Behörde am Dienstag in Brüssel. Das Unternehmen baue damit seine beherrschende Stellung im Bereich der Marktplatz-Dienste in Frankreich und Deutschland aus und vermeide die normalen Geschäftsrisiken, die mit dem Wettbewerb im Einzelhandel verbunden sind.
„Daten über die Tätigkeit unabhängiger Verkäufer sollten von Amazon nicht zum eigenen Vorteil genutzt werden, wenn das Unternehmen mit diesen Verkäufern konkurriert“, kommentierte die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager.
Amazon hat nun die Möglichkeit, sich zu den Beschwerdepunkten zu äußern. Bleiben die Wettbewerbshüter danach bei ihrer Einschätzung, könnte auf den Konzern eine milliardenschwere Strafzahlung zukommen. Wenn Unternehmen gegen die Wettbewerbsvorschriften der EU verstoßen, riskieren sie Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Die Erlöse von Amazon beliefen sich 2019 auf rund 280,5 Milliarden US-Dollar (237,6 Milliarden Euro).
Amazon wies die Vorwürfe zurück. „Amazon macht weniger als ein Prozent des weltweiten Einzelhandels aus – und es gibt in jedem Land, in dem wir tätig sind, größere Einzelhändler“, erklärte der Konzern. Kein Unternehmen kümmere sich mehr um kleine Händler oder habe in den vergangenen zwanzig Jahren mehr für ihre Unterstützung getan als Amazon. „Es gibt mehr als 150 000 europäische Händler, die in unseren Stores verkaufen. Sie erwirtschaften jährlich mehrere zehn Milliarden Euro Umsatz und haben Hunderttausende von Arbeitsplätzen geschaffen.“