Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Südbahnstrecke wird im März erneut gesperrt
UTTENWEILER - Es ist ein sonniger Novembertag und auf einer großen Wiese tummeln sich zahlreiche Gänse, die vom Familienbetrieb Rettich in Uttenweiler artgerecht und ökologisch gehalten werden. Seit 25 Jahren gibt es dort zu Martini und zu Weihnachten Gänse, die regional vermarktet werden. Die Abnehmer sind Privatleute, die auf den Wochenmärkten an den Verkaufsständen des Geflügelhofs vorbestellen und einkaufen, Metzgereien in der Region und vor allem die Gastronomie. Und jetzt, im Monat November, sind alle Restaurants geschlossen und die vielen traditionsreichen Gänseessen können nicht stattfinden. Das trifft nicht nur die Betreiber von Speiselokalen sehr hart, sondern auch die Zulieferer.
Firmenchef Karl-Heinz Rettich ist verärgert: „Die Gastronomie darf auf eine Entschädigung von Seiten des Landes hoffen, aber wir Zulieferer gehen komplett leer aus.“Jedes Jahr ziehen Rettichs rund 2500 Gänse auf, die sie Anfang Mai als Eintagsküken geliefert bekommen. Diese kleinen „Martinsgänschen“verbringen die ersten Monate im Stall. Nach ungefähr fünf Wochen dürfen sie ins Freie und haben sehr viel Auslauf auf verschiedenen großen Wiesen. Nur abends gehen sie zurück in den Stall – „im Gänsemarsch“, erzählt Tochter Simone –, wo sie gefüttert werden und die Nacht verbringen. Vier Wochen später trifft eine weitere Lieferung von Gänseküken ein. Sie werden als Weihnachtsgänse später verkauft und auf getrennten Wiesen gehalten, denn die älteren Gänse vertragen sich nicht mit den jüngeren; nur gleichaltrige Gänse vertragen sich.
Schon von der Bundesstraße 312 sieht man, von Riedlingen kommend, die zahlreichen Gänse am großen Wiesenhang und von weitem wirkt es wie ein Schneefeld. „Es sind schon Urlauber von der Straße abgebogen und haben genauer nachgeschaut, warum im Hochsommer Schnee auf der Wiese liegt“, erzählt Gabi Rettich. Das putzige Federvieh verbringt den ganzen Tag im Freien, an der frischen Luft, und alle haben viel Bewegung. Sie watscheln gemächlich hin und her, schnattern laut und nehmen auch mal Tempo auf, wenn eine Gans zu rennen anfängt. „Dann gehen die anderen hinterher“, sagt Simone Rettich und Vater Karl-Heinz ergänzt: „Wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung weht, dann machen sie Flugübungen und gleiten die abschüssige Wiese hinunter.“Über den zirka 1,50 Meter hohen Zaun kommen sie nicht oder vielmehr äußerst selten. „Und wenn mal Tiere so ausbüxen, dann laufen sie ratlos am anderen Ende des Zauns entlang, bis wir sie wieder einfangen“, sagt Simone
Gabi Rettich
Rettich und lacht. Sie ist die jüngste von drei Schwestern, die alle im Familienbetrieb mithelfen, und derzeit absolviert sie eine Ausbildung zur Landwirtin. Und was ist mit
„Fuchs, du hast die Gans gestohlen?“Auch hier haben Rettichs schon ab und zu negative Erfahrungen gemacht, aber seitdem Wachhunde im Gelände sind und jeden „Besucher“kräftig verbellen, ist das kein Thema mehr.
Gänsemast oder Gänsestopfen weisen die Rettichs weit von sich – ihre Gänse hätten ein glückliches Dasein, bevor sie geschlachtet werden. Das geschieht in der eigenen Schlachterei im Hofbetrieb in Uttenweiler. Auch hier achtet die Familie auf möglichst viel Schonung für die Gänse. „Wir haben einen sehr kurzen Transportweg.“Denn die Gänse werden erst ein bis zwei Stunden vor dem Schlachten eingefangen und verbringen kaum Zeit in einer engen Box. Hierbei gibt es für die Familienmitglieder ab und an blaue Flecken, denn natürlich wehren sich die Gänse kräftig.
Ab Mitte Oktober ist dann Hochsaison im Betrieb – mehrmals pro Woche wird geschlachtet und ausgeliefert. „Gänse sind Saisongeflügel“, sagt Gabi Rettich. „Bis Weihnachten müssen alle verkauft sein, denn im Januar mag keiner mehr Gänsebraten essen“. Das Geschäft mit der Gastronomie ist leider eingebrochen, dennoch halten viele Restaurants dem Regionalbetrieb die Treue und ordern trotzdem. Sie bieten „Gans to go“in vielen Variationen an und hoffen, dass auch die Gänseesser, die jedes Jahr kommen, ihren Braten mit nach Hause nehmen. Auch auf dem Hof selbst kann man fertigen Gänsebraten bestellen. Gabi Rettich hat drei Steinbacköfen und die Kunden können Gänsebraten in allen Größen bestellen und abholen. Dankbar ist die Familie, dass momentan noch eine gute Nachfrage besteht. Sie freuen sich über Gastronomen, die ihnen die Treue halten wie auch über die Kundschaft auf den Wochenmärkten in Bad Schussenried, Biberach, Ochsenhausen, Riedlingen, Unlingen, Uttenweiler, Ulm und Ummendorf.
Zum Glück verfügt der Geflügelhof Rettich über weitere Standbeine, denn neben den Gänsen werden Puten, Enten und Hühner aufgezogen. Auf den Hofdächern sind riesige Photovoltaikanlagen angebracht und auf dem Gelände gibt es eine eigene Biogasanlage, die ausschließlich mit anfallendem Mist gespeist wird.
Die Familie ist gespannt, ob sie in diesem Jahr alle Gänse vermarkten kann und hofft darauf, dass die Restaurants im Dezember wieder öffnen dürfen und auch auf die Solidarität der Menschen. Hier bekomme man „Gans ganz“artgerecht und kann so regionale Betriebe unterstützen.
BIBERACH/BAD SCHUSSENRIED (böl) - Auf der Strecke der Südbahn wird es 2021 im Zuge der Elektrifizierung erneut zu Streckensperrungen kommen. Das teilt die Deutsche Bahn mit. Zwischen Biberach und Bad Schussenried wird es zwischen dem 13. und 19. März 2021 eine einseitige Sperrung geben. In dieser Woche soll die Tiefenentwässerung verlegt werden. Der Zugverkehr wird in dieser Zeit eingeschränkt.
In den zwei Wochen danach, vom 19. März bis 2. April 2021, werden die Gleise im selben Streckenabschnitt entlang der Bahnstrecke instand gesetzt. Parallel dazu wird die Strecke zwischen Aulendorf und Ravensburg vom 7. März bis 2. April 2021 voll gesperrt sowie der Streckenabschnitt Ravensburg–Friedrichshafen vom 6. April bis 2. Mai 2021. Die Inbetriebnahme der elektrifizierten Südbahn ist für Dezember 2021 vorgesehen. Damit liege man weiterhin im Zeitplan, teilte ein Bahnsprecher mit. Nach den letzten großen Sperrungen im vergangenen Jahr stünden 2021 nur noch „Restarbeiten“an. Diese erfolgten im Rahmen der regulär geplanten Bauaktivitäten. Die geplanten Gleisarbeiten seien nötig, um auf der Strecke zwischen Ulm und Friedrichshafen künftig deutlich schneller zu fahren.
Hierfür müssten die Streckenabschnitte Aulendorf–Ravensburg und Ravensburg–Friedrichshafen im genannten Zeitraum voll gesperrt werden. „Darüber hinaus werden zwischen Aulendorf und Friedrichshafen ohne Beeinträchtigung des Bahnbetriebs nachlaufende Arbeiten beim Kabeltiefbau und bei der Oberleitung ausgeführt und vorhandene Straßenbrücken mit einem Berührschutz nachgerüstet“, so ein Sprecher.
Diese Arbeiten werden voraussichtlich bis Mitte 2021 abgeschlossen. Danach stünden die umfangreichen Vorbereitungen für die Inbetriebnahme an, unter anderem erste Testfahrten auf der Strecke.
„Bis Weihnachten müssen alle verkauft sein, denn im Januar mag keiner mehr Gänsebraten essen.“