Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Geld für Elektroautos und Stromtankstellen
Regierung schiebt zusätzliche Milliardenprogramme an, um die Fahrzeugindustrie zu unterstützen
BERLIN - Der einheimischen Autoindustrie ging es schon mal besser. Sie muss große Summen investieren, um die Kurve zur Elektromobilität zu kriegen. Gleichzeitig schwächelt in einigen Ländern der Absatz, unter anderem wegen der Corona-Krise. Vor diesem Hintergrund haben Bundesund Landesregierungen bei einem Spitzengespräch am Dienstagabend weitere Unterstützung zugesagt.
Wie viel Geld soll nun zur Verfügung stehen?
Drei zusätzliche Milliarden Euro hat die Politik ausgelobt. Davon fließt jeweils eine in verlängerte Kaufprämien für Elektroautos, in ein Modernisierungsprogramm für Lkw und in einen Zukunftsfonds für die Industrie. Hinzu kommen zwei Milliarden Euro, die schon vorgesehen waren, um vor allem Zulieferfirmen zu helfen. Zusammen sind es fünf Milliarden Euro.
Werden die Kaufprämien verlängert?
Bis zu 9000 Euro Zuschüsse von Staat und Autoherstellern können Käufer und Käuferinnen beim Erwerb
eines E-Autos erhalten. Seitdem die Prämie erhöht wurde, nimmt der Absatz elektrischer Fahrzeuge deutlich zu. Im September dieses Jahres machten die teil- oder vollelektrischen Autos 28 Prozent aller Neuzulassungen aus, während es im Vorjahresmonat nur zehn Prozent waren. Deshalb will die Bundesregierung ihren Teil der Prämien länger auszahlen – nicht nur bis Ende 2021, sondern bis 2025. Die Förderung sogenannter Plug-in-Hybride wird allerdings daran geknüpft, dass sie ab 2022 eine elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometer, ab 2025 von mindestens 80 Kilometer haben.
Außerdem startet ein Austauschprogramm für Lkw. Wenn Speditionen und andere Firmen ihre Laster der Euro-Normen 3, 4 und 5 ausrangieren und durch Fahrzeuge mit Euro-Norm 6 sowie geringerem Schadstoffausstoß ersetzen, sollen sie einen Zuschuss erhalten. Nicht nur elektrische und klimaneutrale Lkw werden gefördert, sondern auch moderne, fossile. Das kritisieren Umweltverbände.
Welche Unterstützung erhält die Autoindustrie?
Der neue Zukunftsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro soll unter anderem den Regionen zugutekommen, in denen die Fahrzeugunternehmen eine große Rolle spielen. „Regionen mit großer automobiler Wertschöpfung brauchen Unterstützung“, sagte Jörg Hofmann, Chef der Gewerkschaft IG Metall. Was dieser Fonds finanzieren soll, müsse erst noch ausgearbeitet werden, hieß es im Bundeswirtschaftsministerium. Genauer konturiert ist dagegen das Zwei-Milliarden-Euro-Programm, das sich unter anderem an die Zulieferindustrie richtet. Dabei geht es darum, die Autoindustrie auf dem Weg der Transformation zu unterstützen. Gefördert werden könnte beispielsweise der Aufbau neuer, digitalisierter Produktionsstraßen für Elektroantriebe oder der 3-D-Druck von
Fahrzeugkomponenten. Ab Jahresbeginn 2021 sollen die Förderrichtlinien in Kraft sein. Dann können Firmen sich bewerben.
Gibt es mehr Ladesäulen für EAutos?
Weil die Zahl der Elektrofahrzeuge steigt, werden auch mehr Ladesäulen gebraucht. Die Regierung will erreichen, dass bis Ende 2022 an jeder vierten Tankstelle eine Schnellladestation steht. Ende 2024 soll schon die Hälfte der Tankstellen ausgerüstet sein. Damit das funktioniert, drängt die Politik auf eine entsprechende Selbstverpflichtung der Branche, unterstützt mit staatlicher Finanzförderung.
Deren Verbände sind allerdings zurückhaltend bis ablehnend. „Ein pauschaler Zwang nimmt keine Rücksicht auf spezifische örtliche Verhältnisse und führt schnell zu Fehlinvestitionen“, hieß es beim Mineralölwirtschaftsverband. Der konkurrierende Tankstellen-Interessenverband hält das Ziel der Regierung sogar für „abenteuerlich“. Es sei schon technisch nicht machbar, weil die meisten Tankstellen keinen ausreichend starken Stromanschluss hätten und ihn auch so schnell nicht erhalten könnten.