Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Regionales Schlachten will keiner missen
Andere Betriebe sind aber rar gesät – Weshalb Metzger die eigene Schlachtung aufgeben
BIBERACH - Bleiben die Wurst- und Fleischtheken in Metzgereien jetzt leer? Diese Frage stellt sich für Verbraucher nach der vorläufigen Schließung des Schlachthofs in Biberach. Metzger und Landwirte geben Entwarnung, weil die Branche nicht von einem Schlachtbetrieb allein abhängig ist. Allzu viele Alternativen im näheren Umkreis bietet der Markt aber nicht. Denn viele Metzgereien haben die eigene Schlachtung aufgegeben.
Der Verein „Soko Tierschutz“hatte am Dienstag schwere Tierquälerei-Vorwürfe gegen den Schlachthof Biberach erhoben, die der Betreiber zurückgewiesen hatte. Über mehrere Wochen filmten die Tierschützer heimlich in dem Betrieb. Das Landratsamt hatte am Mittwoch in Absprache mit dem Ministerium für Ländlichen Raum entschieden: Bis zur Klärung bleibt der Betrieb vorläufig geschlossen.
Welche Auswirkungen das für Metzger haben wird, konnte der Obermeister der Metzger-Innung im Landkreis, Steffen Ruess, am Donnerstag noch nicht konkret einschätzen. „Mit dem Schlachthof Biberach sind erst noch Gespräche zu führen“, sagt Ruess. Neben Biberach gibt es weitere, größere Schlachthöfe in Ulm und Mengen. Welches Innungsmitglied wo schlachten lässt, sei jedem selbst überlassen, erläutert der Obermeister. Zudem gebe es noch ein paar Mitglieder, die ihre Tiere selbst schlachten. Demnach sind die Metzger im Landkreis nicht von einem Schlachthof allein abhängig.
Trotzdem stellt die vorläufige Schlachthof-Schließung in Biberach die Branche vor eine Herausforderung, will sie Verbraucher doch mit frischer Ware beliefern. In den meisten Fällen erhalten die Metzger das Fleisch am Tag nach der Schlachtung und verarbeiten es entsprechend zu Wurst weiter beziehungsweise verkaufen es direkt. „Wir arbeiten nicht mit Stabilisatoren, um Fleisch und Wurst länger haltbar zu machen. Dadurch wollen wir uns von der Industrie abheben“, so Ruess. Die Zahl derer, die noch selbst schlachten, sei rückläufig, weil die Auflagen immer höher werden. „Für viele Kleinbetriebe ist das kaum darstellbar, weil das mit sehr hohen Investitionen verbunden ist.“Deshalb würden sich viele dafür entscheiden, in größeren Schlachthöfen schlachten zu lassen: „Trotzdem achten wir auf die Fahrtwege und beziehen das Fleisch in der Regel regional.“
Der Schlachthof in Biberach habe auch für viele kleine Metzgereien die Schlachtung übernommen, sagt Gerhard Glaser, Kreisobmann des Bauernverbands Biberach-Sigmaringen. „Mit Blick auf kurze Transportwege ist das ein hohes Gut.“Möglicherweise könnte die Versorgung mit regionalem Fleisch kurzfristig etwas schwierig werden, aber verhungern werde keiner. Sein Verband sei „entsetzt“über die Aufnahmen, die in dem Betrieb entstanden sein sollen. Man wolle sich ein eigenes Bild machen und die Behörden müssten die Vorgänge aufklären, erläutert der Landwirt: „Tierschutz ist mit uns aber nicht verhandelbar“. Einige Landwirte hätten sich bei ihm gemeldet, wohin sie Tiere jetzt bringen sollen. „Die notwendige beziehungsweise gewohnte Ordnung muss möglichst schnell wieder hergestellt werden“, so Glaser. Keine Alternative sei es, die Tiere in weit entfernte Schlachthöfe zu transportieren.
„Ich bin erschrocken über die Bilder und davon, dass so etwas bei uns passiert sein soll“, sagt der Biolandwirt aus Mettenberg, Josef Weber. Dies sei ein schwerer Schlag für Landwirte, Metzger und Kunden, denen regionales Einkaufen wichtig sei. Der Grünen-Kreisrat sagt das auch mit Blick auf das Projekt „BioMusterregion“. Seit vergangenem Jahr trägt der Kreis Biberach dieses Label und erhält Förderungen vom Land Baden-Württemberg.
„Wenn man ein Tier großzieht und artgerecht hält, ist die Schlachtung der schlimmste Moment. Aber auch der lässt sich stressfrei gestalten“, sagt Weber. Zudem wirke sich Stress bei der Schlachtung negativ auf die Fleischqualität aus. Er lasse seine Tiere seit Jahren im Gemeindeschlachthaus in Maselheim schlachten, das auch eine EU-Zulassung habe. Den Metzger dort teile er sich mit einem anderen Biobetrieb. Nach Bekanntwerden möglicher Missstände im Schlachthof Biberach gehe es nun darum, eine Lösung zu finden: „Die kann aber nicht sein, dass wir im Landkreis Biberach in Zukunft keinen Schlachthof mehr haben“, so Weber.