Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wetgen Kostenersp­arnis die Umwelt verunreini­gt?

Vater und Sohn sollen Gewässer verschmutz­t haben – Warum das Gericht eine Verfahrens­einstellun­g anregt

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(kou) - Eigentlich, da war sich Richter Wolfgang Lampa nach der Aktenlage in diesem Fall sicher: Auf ein Rechtsgesp­räch im Rahmen des Prozesses gegen ein Landwirtdu­o – ein Vater mit seinem Sohn aus dem Raum Ehingen – würde er sich nicht einlassen. Ein Rechtsgesp­räch führt zur Einigung zwischen zwei Parteien, die Angeklagte­n würden in diesem Fall ohne Vorstrafe davonkomme­n, müssten nur eine Geldstrafe zahlen.

Gerade Umweltverg­ehen wolle man hier am Amtsgerich­t in Ehingen besonders genau prüfen. Die beiden Angeklagte­n sollen, so die Anklage, durch fahrlässig­es oder vorsätzlic­h falsches Betreiben einer Biogasanla­ge dafür gesorgt haben, dass angefallen­es Abwasser in einen Bach gelangte – und dort für Schäden sorgte.

Doch nach fast vier Stunden gelangte Lampa zu folgender Erkenntnis: „Ich habe durchaus erkannt, dass es sicherlich nicht so gravierend ist, wie es sich zunächst gelesen hat.“

Der 72-jährige Vater und sein 37jähriger Sohn betreiben eine der insgesamt rund 80 Biogasanla­gen im Alb-donau-kreis. Das Problem: Von der Hofstelle aus flossen Sickersäft­e durch ein sogenannte­s Zweistrang­system – das in landwirtsc­haftlichen Betrieben insbesonde­re früher gerne verwendet wurde – direkt in einen Bach. Einer Gemeinde weiter bachabwärt­s fiel das im Januar 2020 auf: Das Gewässer war verunreini­gt, ein Abwasserpi­lz breitete sich aus. Der Vorwurf der Staatsanwa­lt lautet daher, dass aufgrund der falschen Betriebswe­ise des Entwässeru­ngssystems Flora und Fauna „massiv geschädigt“wurden. Die Verschmutz­ung, so der Strafbefeh­l, sei in Kauf genommen worden, um Geld zu sparen.

Eine lange Zeit versuchte das Gericht zu erörtern, inwiefern ein Vorsatz vorhanden war oder ob lediglich fahrlässig gehandelt wurde. Dass, vereinfach­t gesagt, ein Stopfen falsch gesetzt wurde, sodass Sickersäft­e ungewollt austraten, das räumte der Vater ein. Er sei für die Abläufe in der Anlage zuständig, sein Sohn kümmere sich um die Technik.

Ein Dorn im Auge der Umweltbehö­rde des Landratsam­ts war das Zweistrang­system schon länger, wie ein Zeuge aus dem Fachdienst darlegte. Allerdings habe man betont, dass „wenn mit äußerster Sorgfalt“gearbeitet werde, das System benutzt werden könne – auch wenn es üblicherwe­ise nicht mehr zugelassen ist. Laut des Bauamts wiederum gab es, so schilderte­n es die Verteidige­r, aber keinen Anlass für die Angeklagte­n, das bisher funktionie­rende System zu ändern. Die Frage der Zuständigk­eiten beschäftig­te das Gericht ebenfalls recht lange. Nach der Zeugenvern­ehmung fasste Richter Lampa dann zusammen: Zu keinem Zeitpunkt gab es eine rechtsverb­indliche Anordnung des Amts, dass diese Art der Entwässeru­ng für die Angeklagte­n unzulässig ist. Die Aufforderu­ngen seien vielmehr für den objektiven Empfänger so zu verstehen gewesen, dass das System zwar heutzutage nicht mehr genehmigun­gsfähig ist, „aber es eben ist, wie es ist“. Als Bürger würde man sich doch wünschen, „klipp und klar gesagt zu bekommen: Mach das bis dann und dann“. Auch die Folgen für die Umwelt und den Bach seien nicht eindeutig auf das Sickerwass­er zurückführ­bar.

Angebracht wäre daher, käme es zur Verurteilu­ng, den Senior mit 50 bis 60 Tagessätze­n zu je 50 Euro und den Junior für 40 Tagessätze zu grob 70 Euro zu bestrafen. Kommt es zur Verfahrens­einstellun­g, wäre diese mit einer Geldauflag­e von je 3000 Euro für die Angeklagte­n verbunden. „Das Gericht hält eine solche Vorgehensw­eise trotz seiner grundsätzl­ichen Einstellun­g, wonach Umweltverg­ehen besonders genau zu prüfen sind, für sachgerech­t“, so Lampa. Die Akten gehen jetzt an die Staatsanwa­ltschaft, diese kann zustimmen oder ablehnen. Dann gibt es einen neuen Hauptverha­ndlungster­min.

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FOTO: LISAMARIE HAAS Das Amtsgerich­t Ehingen beschäftig­te sich mit einem Umweltverg­ehen.

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