Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Rechtsstreit um „Bergt-bräu“emotionalisiert
In den sozialen Medien spalten sich die Meinungen – Uli Zimmermann von der Berg-brauerei nimmt Stellung
- Was auf der Straße hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird, äußert sich in den sozialen Medien meist als riesiger Aufschrei. Die Macht der Anonymität im Internet zeigt immer wieder, wie schnell Emotionen dort zum Ausdruck gebracht werden. So auch, wenn es um den Rechtsstreit von Uli Zimmermann mit einem Braukollegen aus Chemnitz geht (SZ berichtete). Hunderte von Kommentare finden sich unter verschiedenen Posts auf der Facebook-seite sowohl von der Ehinger Bergbrauerei als auch von der Brauerei Reichenbrand. Würde jetzt ein Vereinsfest in der Region anstehen, wäre dies das Thema schlechthin, über das man im Bierzelt redet.
Doch aufgrund der Pandemie kann sich keiner darüber am Stammtisch oder im Festzelt unterhalten. Die Diskussion verlagert sich ins Internet. Eigentlich beschäftigt Uli Zimmermann das Thema bereits seit gut einem Jahr, denn schon im Januar 2020 hatte die Brauerei aus Chemnitz beim Patentamt eine Marke „Bergt-bräu“eingetragen, obwohl mit „Berg“bereits eine Marke eingetragen ist. Zum Schutz der eigenen Marken „Berg“und „Berg Bier“zog Uli Zimmermann vor Gericht, nachdem seine monatelange Bemühungen um einen Vergleich keinen Erfolg hatten. Im Dezember hatte die Bergbrauerei dann Klage eingereicht. Doch erst jetzt, mit Verkündung des Urteils, kochte dieser Streit in den Medien, ob in Chemnitz, Ehingen oder überregionalen Zeitungen, so richtig hoch. Das Landgericht Stuttgart hatte entschieden: „Bergtbräu“ist der Marke „Berg“und „Berg Bier“zu ähnlich. Das sorgte für Aufsehen
und Hunderte von Kommentaren dazu auf den Seiten der Brauereien in sozialen Medien.
Die Kommentare gehen in beide Extreme. „Das ist ja wohl echt ein ganz mieser Witz“, kritisiert ein User die Bergbrauerei und ihr Vorgehen, ein anderer fragt: „Welcher Richter trifft so eine Entscheidung?“Doch dies sind nur zwei von den eher harmlosen Kommentaren, viele werden bestimmter und herablassender. Doch es gibt sehr viele Menschen, die sich hinter die Entscheidung der Bergbrauerei stellen. Sie äußern Verständnis, dass Zimmermann sich seine Marke nicht nehmen lassen will.
Mehr als 600 Kommentare wurden bis Donnerstagmittag unter eine Stellungnahme der Bergbrauerei auf Facebook zu dem Rechtsstreit geschrieben. Dass dieses Thema für Aufregung und Unmut sorgt, kann Uli Zimmermann nachvollziehen. „Viele Kommentare dazu kann ich verstehen, wenn man nur die Darstellung kennt, die aus der Seite der Chemnitzer Brauerei entnommen sind“, so der Braumeister. Deshalb sei ihm die Veröffentlichung einer ausführlichen Stellungnahme auch wichtig. „Ich finde es sinnvoll, dass unsere Kunden und die Region dazu etwas von uns findet“, so der Braumeister. Er betont: „Uns ist es wichtig, dass wir unabhängig davon, wie der Rechtsstreit fortgesetzt wird, zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. Trotz des Urteils zu unseren Gunsten wollen wir ins Gespräch zu kommen.“
Die Chemnitzer Brauerei will das Urteil des Landgerichts so noch nicht akzeptieren und in Berufung gehen.
Doch warum sieht die Bergbrauerei überhaupt eine Gefahr oder Konkurrenz
in der Marke „Bergt-bräu“aus Chemnitz, rund 500 Kilometer von Berg entfernt? Wäre dieses Bier nicht eingetragen worden, dann hätte man das toleriert, wie andere Brauereien mit ähnlich klingenden Markennamen. „Wenn man aber den Namen absichern will und es beim Patentamt einträgt, dann muss derjenige reagieren, der dieselbe oder ähnliche Marke geschützt hat“, betont Zimmermann. Es gehe schlichtweg um die Regeln, die einem beim Thema eingetragener Marken vorgegeben werden. „Es wäre unverantwortlich für uns als Unternehmen gewesen, wenn wir nicht reagiert hätten. Wenn der Schutz irgendwann nicht mehr besteht oder aufgeweicht wird und es zu einer weiteren fremden Nutzung des Namens kommt, dann hätten wir große Probleme mit der Marke.“
Der Braumeister beschreibt es mit einem alltäglichen Beispiel: „Auf der Bundesstraße darf man 100 Stundenkilometer fahren. Meine Einschätzung kann sein, dass ich auch 150 fahren kann. Aber wenn ich dann geblitzt werde, darf ich mich darüber nicht aufregen.“
„Die Brauerei kann den Namen aus unserer Sicht gerne mit einem Zusatz verwenden. Das Problem ist, dass die Brauerei in Chemnitz die Wortmarke beim Patentamt nur als „Bergt-bräu“ohne einen Zusatz wie etwa ,Reichenbrander’ eintragen ließ“, schreibt die Bergbrauerei in ihrer Stellungnahme auf Facebook. Er betont, dass die Bergbrauerei weiterhin großen Wert darauf legt, dass die Sache am Ende für beide Parteien zufriedenstellend endet. „Wir sind beide Familienbrauereien, die von ähnlichen Werten getragen werden.“