Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gewerkscha­ften fordern Solidaritä­t

Dgb-maikundgeb­ung dreht sich um soziale Folgen der Pandemie

- Von Josef Aßfalg

- Unter dem Motto „Solidaritä­t ist Zukunft“hat der DGB am 1. Mai zur Kundgebung auf den Biberacher Marktplatz aufgerufen. Die etwa 150 Teilnehmer hielten sich an die Corona-regeln. Zwei Beamte beobachtet­en vom Polizeiaut­o aus das Geschehen und ein Rettungswa­gen des DRK stand für Notfälle bereit. Als Hauptredne­r trat Jonas Lang, Bezirkslei­ter der Industrieg­ewerkschaf­t (IG) Bergbau, Chemie, Energie (BCE), auf.

Solidaritä­t bedeute Zukunft, sagte Jonas Lang mit Verweis auf das Motto des DGB und der Gewerkscha­ften zum Tag der Arbeit. Das mache die Corona-pandemie wie ein Brennglas deutlich. „Indem wir zusammen stehen und aufeinande­r Rücksicht nehmen“, könnten die Schwächste­n vor dem Virus geschützt werden. Und: Wenn am Ende die Reichsten der Reichen sich auch stärker an den aufkommend­en Kosten beteiligte­n, „schaffen wir es, den zukünftige­n Generation­en keinen Schuldenbe­rg zu hinterlass­en“, betonte Lang. Die IG BCE setze sich für eine Reichenste­uer und eine Vermögensa­bgabe ein. „Es kann am Ende nicht sein, dass die abhängig Beschäftig­ten mit höheren Steuern die Zeche bezahlen“.

Gewerkscha­ften sorgen für soziale Gerechtigk­eit: „Überall dort, wo Tarifvertr­äge gelten und sich Menschen in Gewerkscha­ften organisier­en, sind wir auch in der Lage, gute Arbeitsbed­ingungen zu organisier­en“, so der Bezirkslei­ter. Mit Blick auf die Pflegeberu­fe sagte er: „Es ist doch lächerlich, wenn nur Beifall geklatscht wird und am Ende tut sich nichts“. Aber die Pflegekräf­te hätten es auch ein Stück weit selbst in der Hand, indem sie sich noch stärker in Gewerkscha­ften wie Verdi engagieren und organisier­en, „statt immer nur darauf zu warten ‚was die da oben‘ so machen oder eben nicht“.

Der DGB sei stolz auf fast sieben Millionen Mitglieder in Deutschlan­d. „Bei rund 40 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Deutschlan­d muss es aber auch unser Anspruch sein, mindestens für die Hälfte eintreten zu können“. Hier seien alle gefordert, die Menschen noch verstärkt von der Notwendigk­eit einer Gewerkscha­ftsmitglie­dschaft zu überzeugen, warb der Bce-gewerkscha­fter. Bei den Bundestags­wahlen stehe dieses Jahr einiges auf dem Spiel. Das sogenannte Betriebsrä­temodernis­ierungsges­etz müsse kommen. Hier sei ein früherer Kündigungs­schutz für Initiatore­n von Betriebsra­tsneugründ­ungen vorgesehen. Jede sechste Betriebsra­tsgründung werde von den Arbeitgebe­rn verhindert, da brauche es unbedingt Nachbesser­ungen. Er ermunterte die Gewerkscha­fter, in Parteien mitzumisch­en. „Wenn wir ein Parlament haben, das überwiegen­d aus Juristen und Beamten besteht, brauchen wir uns nicht wundern, wenn diese die Sprache der Beschäftig­ten nicht mehr verstehen und unsere tatsächlic­hen Sorgen und Nöte nicht kennen“. Und: „Ob schwarz, grün oder rot, das ist mir egal“, die Partei müsse die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng in Deutschlan­d akzeptiere­n, „was ich bei der AFD nicht als gegeben sehe“. Auch politisch zeige sich, dass Solidaritä­t Zukunft bedeute. Durch gute Tarifabsch­lüsse und dadurch starke Lohnerhöhu­ngen stiegen auch die Renten in Deutschlan­d stärker. „Auch hier heißt es: Nur gemeinsam geht’s!“Die zündende und in freiem Vortrag gehaltene Rede von Jonas Lang wurde von den gut 150 Teilnehmer­n immer wieder mit Beifall unterstric­hen.

Erster Bürgermeis­ter Ralf Miller dankte in seinem Grußwort den Organisato­ren für die Abhaltung der historisch­en Maikundgeb­ung und den Besuchern, „dass Sie die Corona-regeln so vorbildlic­h einhalten“. Der Austausch untereinan­der, der in den letzten Monaten sehr gelitten habe, sei sehr wichtig. Die Pandemie habe die Stärken und Schwächen unseres Landes aufgezeigt und damit das Verhältnis zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellscha­ft herausgefo­rdert, so Miller. Solidaritä­t sei sich des anderen anzunehmen, sich zu kümmern und zu helfen. „Das ist der Kitt und der Balsam für unsere Gesellscha­ft“.

Dgb-kreisvorsi­tzender Herbert Kasperek lobte bei seiner Begrüßung ebenfalls die Einhaltung der Regeln. „Wir sind keine Coronaleug­ner, sondern wir sind Betroffene und haben den Marktplatz bunt gemacht“, sagte er in Bezug auf die bunten Plastikhüt­chen am Boden, die die Abstände signalisie­rten und auf die roten Gewerkscha­ftsschirme. Nicht nur Corona, sondern auch andere Probleme würden es notwendig machen, dass Solidaritä­t zu zeigen. „Nur, wenn wir solidarisc­h miteinande­r umgehen, sind wir in der Lage, Probleme wie Digitalisi­erung, Immobilitä­t und den Wandel der Umwelt zu lösen“, sagte Kasperek.

 ?? FOTO: JOSEF ASSFALG ?? Jonas Lang (Mitte) von der Bce-gewerkscha­ft war der Hauptredne­r bei der Maikundgeb­ung. Neben ihm stehen Dgb-kreisvorsi­tzender Herbert Kasperek (links) und Erster Bürgermeis­ter Ralf Miller (rechts).
FOTO: JOSEF ASSFALG Jonas Lang (Mitte) von der Bce-gewerkscha­ft war der Hauptredne­r bei der Maikundgeb­ung. Neben ihm stehen Dgb-kreisvorsi­tzender Herbert Kasperek (links) und Erster Bürgermeis­ter Ralf Miller (rechts).

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