Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Höcke scheitert wie erwartet
Landtag in Thüringen lehnt Misstrauensvotum ab
- Björn Höcke wird durch das Misstrauensvotum wie erwartet nicht Ministerpräsident von Thüringen. Seine Manöver können zwar den anderen Parteien schaden, sie sind aber auch für die AFD riskant.
Björn Höcke will Ministerpräsident von Thüringen werden. Dieses Ziel des Afd-rechtsaußen ist nicht neu, doch am Freitag gab es im Erfurter Landtag eine Abstimmung darüber. Höcke wusste, dass er sie verlieren wird – und so kam es dann auch: 22 Abgeordnete stimmten für ihn, 46 dagegen. Eben diese 46 Stimmen, die absolute Mehrheit, hätte er gebraucht, um Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) abzulösen.
Trotzdem dürfte Höcke, der Anführer des offiziell aufgelösten und vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Flügels“, das Manöver als Erfolg verbuchen. Denn er machte in der Sitzungswoche dem geflügelten Wort in Erfurt alle Ehre: „Was macht die AFD? Was den größtmöglichen Schaden anrichtet.“
In diesem Fall wollte Höcke den Schaden vor allem bei CDU und FDP anrichten. Zwei bürgerliche Parteien, dazu noch Landesverbände, die innerhalb ihrer Gesamtparteien durch ein konservatives Profil auffallen, hätten die Chance gehabt, den
Ministerpräsidenten der Linken abzulösen – und taten das nicht.
Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung wollte eigentlich Neuwahlen, so wurde das schon vor langer Zeit vereinbart. Doch wichtig war den Koalitionären um Ministerpräsident Ramelow, dass Neuwahlen auf keinen Fall nur durch Unterstützung der AFD erreicht werden. Als absehbar war, dass es dafür keine Mehrheit im Landtag geben würde, wurde der Antrag zurückgezogen.
Am Freitag dann das Misstrauensvotum gegen Ramelow. „Sie, Herr Höcke, sind eine Schande für unseren Freistaat“, sagte Cdu-fraktionschef Mario Voigt bei der Aussprache. „Sie wollen nichts anderes, als unsere Demokratie in Thüringen kaputt machen.“Allerdings stimmte die CDU dann nicht gegen Höcke, sondern enthielt sich. Sie befürchtete wohl, nicht gut dazustehen, falls Höcke mehr Stimmen als die 22 seiner Fraktion bekommen hätte.
Das rief Rot-rot-grün auf den Plan. „Die CDU lässt sich auf das Spiel der AFD ein“, kritisierte Spdlandesvize Diana Lehmann. „Was wäre, wenn wir das alle so machen würden? Dann hätte Höcke 22:0 Stimmen bekommen.“Vorwürfe, denen sich die FDP nicht aussetzen wollte. Sie stimmte geschlossen gegen Höcke. Ramelow wollte sich nach Angaben eines Regierungssprechers nicht zum Ergebnis des Votums äußern.
Die politischen Krisen in Thüringen haben inzwischen eine mehrjährige Geschichte: Schon die Wahl Ramelows im vergangenen Jahr war ein Krampf. Ein erster Anlauf im Februar 2020 endete im Desaster. Damals wurde der Fdp-politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von AFD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten gewählt. Nach bundesweiter Empörung trat er zurück, Ramelow schaffte es im zweiten Anlauf zurück ins Amt. Ein Vertrag zwischen Rotrot-grün und der CDU beendete die schwere Regierungskrise in dem Bundesland.