Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zu viele Patzer
Die deutschen Turner müssen im Mehrkampf eine Ernüchterung verkraften
(dpa/sid) - Am Ende überwog trotz allem der Stolz. Nach dem emotionalen Hoch der Qualifikation haben die deutschen Turner in der Mehrkampfentscheidung einen von Patzern und Schnitzern durchsetzten Auftritt hingelegt und als Mannschaft abgeschlagen den achten und letzten Platz belegt. Zwei Tage nach der nahezu fehlerfreien Teamleistung erturnten Lukas Dauser, Andreas Toba, Nils Dunkel und Philipp Herder lediglich 238,495 Punkte und damit mehr als elf Zähler weniger als in der Qualifikation. Der Fokus liegt nun auf Medaillenhoffnung Lukas Dauser.
Die Enttäuschung über das Sturzfestival der deutschen Kunstturner wischte Dauser schnell beiseite. Noch während im Ariake Gymnastics Center die Medaillen in der olympischen Mannschaftsentscheidung verteilt wurden, machte sich der neue Vorturner im deutschen Team auf den Weg zurück ins Olympische Dorf. Ab in die Eistonne hieß es für Dauser – der noch von einer Medaille am Barren träumen darf.
„Wir haben im Zimmer eine Badewanne, das Eis gibt es unten“, meinte Dauser, er nannte das Beispiel von Fußballprofi Per Mertesacker und grinste, bevor er in Badelatschen die Heimreise antrat. Er versuche nun „bestmöglich zu regenerieren. Man muss gucken, dass man in zwei Tagen wieder fit auf der Matte steht.“Dauser steht wie Philipp Herder am Mittwoch (12.15 Uhr deutscher Zeit) im Mehrkampffinale, darüber hinaus zählt er an seinem Paradegerät Barren (3. August) zu den heißen Kandidaten für Edelmetall.
Im Teamwettbewerb am Montag wollten Dauser und Co. „mit dem Kopf durch die Wand“– und sie landeten schmerzhaft auf dem Hosenboden. Nach einem starken sechsten Platz in der Qualifikation belegten die Schützlinge von Trainer Waleri Belenki unter acht Teams den letzten Platz. Der Sieg ging an das russische Team, es war das erste olympische Team-gold für russische Turner seit 25 Jahren. Die Plätze zwei und drei belegten Japan und China. Mit der letzten Übung von Nikita Nagorny fiel die Entscheidung mit einem Vorsprung von etwas mehr als einem Zehntelpunkt für die Olympiasieger.
„Aber ich bin auf jeden Fall stolz auf die Mannschaft, wir haben uns gut geschlagen und präsentiert“, sagte Toba. Auch Trainer Valeri Belenki meinte trotz der Enttäuschung: „Ich bin so stolz auf die Jungs.“Die Deutschen mussten sich eingestehen, dass die drei Topnationen in einer anderen Liga turnten.
Als am Boden alle drei deutschen
Gerätartisten zu Fall kamen, stand der letzte Platz im Finale praktisch fest. „Da kam der Hammer, es hat uns alle eiskalt erwischt“, sagte Sportsoldat Dauser. Erst am abschließenden Pauschenpferd ging die Leistungskurve wieder leicht nach oben.
Bei der Heim-wm 2019 in Stuttgart hatte sich die Dtb-riege mit Ach und Krach als zwölfte und letzte Mannschaft für die Spiele in Tokio qualifiziert. Entsprechend aus dem Häuschen waren die Turner und ihr Trainer nach dem Vorkampf mit 249,929 Punkten am Samstag. Er sei überglücklich, was die Jungs da gezeigt hätten, es habe alles geklappt. „Ich habe Gänsehaut bekommen. Das Gefühl war wieder da, als ich damals Olympiasieger geworden bin“, sagte der Olympiasieger von 1992, der vor einer Vertragsverlängerung steht. Im Finale seien seine Jungs angeschlagen gewesen.