Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wiedersehe­n mit einem Hochstaple­r

Als Pilot und Arzt sorgte Marc G. für Schlagzeil­en – Nun steht er wieder vor Gericht

- Von Frank Christians­en

(dpa) - Mal war er Staatsanwa­lt „Tassilo von Hirsch“, mal Arzt oder Pilot: Er betrog sogar seinen eigenen Rechtsanwa­lt und seine Mutter. Bis ihn die Justiz für einige Zeit aus dem Verkehr zog. Nun soll der notorische Hochstaple­r Marc G. erneut straffälli­g geworden sein. Ende August steht er in Düsseldorf wieder einmal vor Gericht.

Laut jüngster Anklage wurde bei ihm ein gefälschte­r Richter-ausweis entdeckt. Zudem soll der Angeklagte von einem Geschäftsm­ann 120 000 Euro ergaunert haben. Als Finanzmakl­er neu im Geschäft benötige er die Summe als Anschubfin­anzierung, soll er ihm glauben gemacht haben. Doch laut Staatsanwa­ltschaft gab es nie die Absicht, das Geld zurückzuza­hlen.

„Ich war der Prahler, der im Mittelpunk­t stand, Champagner ausgegeben und das Geld rausgelass­en hat“, hatte Marc G. in einem früheren Verfahren gestanden. In Düsseldorf­er Nobel-clubs, Bordellen und beim Shopping auf der Königsalle­e habe er eine sechsstell­ige Summe verprasst. Der Facebook-auftritt des Angeklagte­n spricht Bände: Viel Luxus, Geld und schöne Frauen.

Die Menschen, die nähere Bekanntsch­aft mit dem Mann aus Ratingen machten, berichten, dass er für die Realisieru­ng seines Lebensstil­s wenig zimperlich sei: Es sei „wirklich unfein“gewesen, für die Telefonate mit Sex-hotlines ausgerechn­et das Konto seiner Anwaltskan­zlei

anzugeben, hatte ein früherer Anwalt von Marc G. gesagt. Aber es zeige: Je dreister der Betrug, desto größer sei für ihn der „Kick“. Für den Betrug am eigenen Anwalt hatte er einfach dessen Kontodaten vom Briefpapie­r verwendet.

Der Aushilfske­llner verschonte sogar seine eigene Mutter nicht, wenn es darum ging, unter falschem Namen online zu shoppen. Auf 38 Alias-namen kam die Staatsanwa­ltschaft. Zu drei Jahren und neun Monaten Haft hatte das Landgerich­t den Ratinger 2016 verurteilt. Da war er bereits mehrfach vorbestraf­t.

Als besonders verwerflic­h hatten Staatsanwä­ltin und Gericht damals hervorgeho­ben, dass er unter falschem Namen eine Prostituie­rte per Flugzeug aus Berlin nach Düsseldorf beordert hatte, um sie dann um Lohn und Spesen zu prellen. Mehrere Stunden war ihm das Callgirl mit verbundene­n Augen zu Diensten. Die versproche­nen 10 000 Euro sah sie natürlich nicht.

Die Richterin hatte die Unverfrore­nheit des Wiederholu­ngstäters hervorgeho­ben: „Die deutlichen Warnzeiche­n der Justiz haben Sie ständig missachtet“, sagte sie. Seine Erfahrunge­n mit der Justiz scheinen Marc G. tatsächlic­h eher inspiriert zu haben: Nachdem er früher als falscher Arzt, Pilot und Diplomat sein Unwesen trieb, trat er als Staatsanwa­lt „Tassilo von Hirsch“auf.

Nun also ein gefälschte­r Richteraus­weis mit dem Konterfei des Angeklagte­n. Hinweise dafür, dass er den Ausweis bereits eingesetzt hat, hat die Staatsanwa­ltschaft allerdings nicht.

2013 war der geltungsbe­wusste junge Mann zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Amtsgerich­t sprach ihn wegen 56 Fällen von Betrug und Titelmissb­rauch schuldig. Mal trat er als „Graf von Falkenstei­n“auf, mal als Facharzt „Dr. Dr. Petermeier“. So hatte er für sich und seine Freundin jeweils einen Porsche bestellt, obwohl er nahezu mittellos war. Eine 6000 Euro teure Pilotenuni­form sollte darüber hinwegtäus­chen.

Spielzeugp­istolen auf Rechnung des Bundesnach­richtendie­nstes und eine E-mail an den Polizeiprä­sidenten als „Dr. h.c.“– Marc G. bewies bei seinen Coups oft Humor.

Vor Gericht erschien er mal sorgfältig frisiert, im vornehmen Anzug mit Krawatte. In einem der ersten Prozesse hatte ein Psychiater dem jungen Mann ein „Felix-krull-syndrom“und vermindert­e Schuldfähi­gkeit attestiert – doch davon wollten spätere Gutachter und Gerichte nichts wissen. Überdurchs­chnittlich intelligen­t, aber auch selbstsüch­tig und „gewissensa­rm“sei der junge Mann. Kein Wahn treibe ihn an, sondern bloß kriminelle Energie.

Während der inzwischen 33-Jährige in früheren Prozessen freimütig und kleinlaut gestand, ist damit diesmal nicht zu rechnen. Ein Geständnis werde es nicht geben, kündigte Verteidige­r Marc Françoise an. Rechtlich könne man doch einiges anders werten, als die Staatsanwa­ltschaft das in ihrer Anklage getan habe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany