Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Länder rufen Geld für Hochwasser­schutz nicht ab

Im Jahr 2020 wurden nur 59 Millionen Euro aus einem Bundestopf mit 100 Millionen Euro genutzt

- Von Dominik Guggemoos

- Wie lassen sich Hochwasser­katastroph­en verhindern? Nachdem durch die verheerend­e Flut in Rheinland-pfalz und Nordrheinw­estfalen Mitte Juli über 180 Menschen starben, steht die Frage weit oben auf der politische­n Agenda. Eines ist unstrittig: Ohne Investitio­nen in Prävention­smaßnahmen wird es nicht gehen. Im Rahmen der „Gemeinscha­ftsaufgabe Agrarstruk­tur und Küstenschu­tz“(GAK) fördert der Bund schon länger präventive Hochwasser­schutzmaßn­ahmen. Das Problem ist: Die Mittel werden kaum abgerufen.

Im Jahr 2020 flossen aus dem Sonderrahm­enplan Hochwasser­schutz der GAK nur 59 Millionen Euro – zur Verfügung standen 100 Millionen. Das ist kein Einzelfall, sondern seit Jahren die Regel. Die Fdp-fraktion im Bundestag fordert nun, die Planungsze­iträume für die Maßnahmen „drastisch zu verkürzen“. Das geht aus einem 10-Punkte-plan hervor, der dieser Zeitung exklusiv vorliegt. Doch wieso wird das Geld eigentlich nicht abgerufen? Das zuständige Bundesland­wirtschaft­sministeri­um findet das zwar „sehr bedauerlic­h“, weist auf Nachfrage aber die Schuld von sich: „Es liegt in der alleinigen Verantwort­ung der Länder, Prozesse und interne Verfahren so zu strukturie­ren, dass ein möglichst reibungslo­ser und umfangreic­her Mittelabfl­uss gewährleis­tet werden kann.“

Die Liberalen schlagen außerdem vor, den Förderante­il des Bundes an dem Sonderrahm­enplan von derzeit 60 auf 80 Prozent erhöhen. „Effektiver Bevölkerun­gsschutz“, sagt Lukas Köhler, klimapolit­ischer Sprecher der FDP, „darf nicht weiter an Kompetenzw­irrwarr und kleinteili­g gedachten Programmen scheitern.“Für klare Kompetenze­n soll ein vom Bund eingesetzt­er „Sonderbeau­ftragter für den Wiederaufb­au“sorgen, der für die Auszahlung der Hilfen zuständig ist und als Hauptanspr­echpartner für alle Fragen rund um den Fonds dienen soll.

Damit unterstütz­en die Liberalen eine Forderung aus einigen von der Flut besonders betroffene­n Kommunen. Die Idee stößt jedoch auf Widerstand, unter anderem von der rheinland-pfälzische­n Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (beide SPD). Ihr Argument: Ein Landesbeau­ftragter könne diese Koordinier­ungsarbeit unbürokrat­ischer leisten.

Geld zu verteilen gibt es jedenfalls einiges. Am Mittwoch wird der Bundestag den rund 30 Milliarden Euro schweren Hilfsfonds für den Wiederaufb­au beschließe­n. Mehr als die Hälfte des Geldes soll bis Jahresende fließen. Bund und Länder teilen sich die Kosten, wobei der Bund erst einmal in Vorleistun­g geht: Die Länder werden ihren Anteil von 14 Milliarden über 30 Jahre bei ihm abstottern. Wer von den Betroffene­n wie viel Geld bekommt und wo er das beantragen kann, ist noch offen. Das wird über eine Verordnung geregelt, an der die Bundesregi­erung noch arbeitet.

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