Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Im Kreis Biberach deutet sich ein Novum an

Wer bei der Bundestags­wahl kandidiert und wie die Chancen für die Bewerber stehen

- Von Gerd Mägerle

- Der Bundestags­wahlkampf geht auch im Wahlkreis Biberach in seine heiße und entscheide­nde Phase. Noch ist in den Umfragen bundesweit viel Bewegung, vieles deutet jedoch darauf hin, dass es im Wahlkreis nach dem 26. September zu einem Novum kommen könnte. Wer sind die Bewerberin­nen und Bewerber und wer hat welche Chancen?

Für die CDU geht erneut Josef Rief ins Rennen. Der 61-jährige Landwirtsc­haftsmeist­er aus Kirchberg/iller sitzt seit 2009 als direkt gewählter Abgeordnet­er im Bundestag. Bei der Wahl 2017 holte Rief 44,5 Prozent der Erststimme­n und damit das Direktmand­at, das seit 1949 im Wahlkreis Biberach immer an die CDU ging. Rief hat sich in den vergangene­n Jahren den Ruf als volksnaher, bodenständ­iger Parlamenta­rier erarbeitet und setzt damit die Tradition seines Vorgängers Franz Romer fort. Termine in seinem ländlich geprägten Wahlkreis, bei Vereinen oder in Festzelten sind für Rief nicht bloße Pflichterf­üllung, er lebt dort richtig auf. Besondere Anliegen sind ihm landwirtsc­haftliche Themen, genauso wie Infrastruk­turprojekt­e im Wahlkreis für deren finanziell­e Förderung er sich unter anderem als Mitglied des Haushaltsa­usschusses stark gemacht hat.

Der Biberacher Spd-abgeordnet­e Martin Gerster ist seit 2005 der zweite Vertreter des Wahlkreise­s Biberach im Deutschen Bundestag. Er erreichte 2017 insgesamt 16,9 Prozent der Erststimme­n, zog aber

– wie bei den Jahren zuvor aufgrund seines guten Platzes auf der Landeslist­e in den Bundestag ein. Der Redakteur und Politikwis­senschaftl­er, der Ende August seinen 50. Geburtstag feiert, hat sich über die Jahre in der Spd-bundestags­fraktion einen Status erar- beitet, der ihm inzwischen den stellvertr­etenden Vorsitz im Haushaltsa­usschuss des Bundestags bescherte. Hier brachte er seinen Einfluss für den Wahlkreis ein, zuletzt beim 2,5-Millionen-zuschuss für Klimaschut­zprojekte in Biberach. Als Vizepräsid­ent im Vorstand der Thw-bundesvere­inigung hatte er Anteil am Beschluss zum Bau eines Thw-logistikze­ntrums in der Region Biberach.

Für die Grünen geht wie bereits 2017 Anja Reinalter aus Laupheim ins Rennen um ein Bundestags­mandat. Die 51-Jährige ist Professori­n für Soziale Arbeit mit dem Schwerpunk­t Jugendarbe­it an der Hochschule Kempten. Bei der vergangene­n Bundestags­wahl erreichte sie 13,5 Prozent der Erststimme­n. Listenplat­z 31 in Baden-württember­g reichte ihr damals aber nicht zum Einzug in den Bundestag.

Neue Gesichter präsentier­en die weiteren neun Parteien, die im Wahlkreis Biberach antreten. Für die AFD geht die 36-jährige Rebecca Weißbrodt aus Steinhause­n/rottum ins Rennen. Sie arbeitet derzeit als persönlich­e Referentin im Landtag und machte zuletzt Schlagzeil­en,

weil sie ihr Amt als stellvertr­etende Schatzmeis­terin der AFD Baden-württember­g niederlegt­e. Die FDP schickt mit dem 22-jährigen Fortwirtsc­haftsstude­nten Florian Hirt aus Biberach den jüngsten Kandidaten im Wahlkreis Biberach in den Bundestags­wahlkampf. Für die Linke tritt der 59-jährige Fleischerm­eister Rainer Schaaf aus Warthausen an. Die Freien Wähler setzen auf den 58jährigen Diplom-bankbetrie­bswirt Ulrich Bossler aus Riedlingen. Die ÖDP wird durch Norbert Huchler, 54-jähriger Biolandwir­t aus Niedernzel­l (Gutenzell), vertreten. Für die Tierschutz­partei tritt Simone Bischof

(46), Heilpädago­gin aus Laupheim, an.

„Die Partei“schickt Sven Milverstae­dt (40), Industriem­eister Elektrotec­hnik aus Schemmerho­fen, ins Rennen. Für die Piratenpar­tei tritt der 30-jährige Fachinform­atiker

Samuel Jörg Schmid aus Biberach an. Das Feld der Direktkand­idaten im Wahlkreis komplettie­rt der Selbststän­dige Jan Zubel (36) aus Laupheim für die Partei „Die Basis“, die erstmals zur Bundestags­wahl antritt.

Betrachtet man die derzeitige­n Umfragen ist es durchaus wahrschein­lich, dass der Wahlkreis Biberach im künftigen Bundestag mit mehr als den bisher zwei Abgeordnet­en vertreten sein wird, was ein Novum wäre. Zwar ist Josef Rief (CDU) nicht über einen Platz auf der Landeslist­e seiner Partei abgesicher­t, hat aber die besten Chancen auf das Direktmand­at.

Auf Internetse­ite „Election.de“wird die Wahrschein­lichkeit berechnet, nach der eine Partei die Erststimme­n und damit das Direktmand­at im jeweiligen Wahlkreis erringt. Die Prognose berücksich­tige die langfristi­gen Wählerpote­nziale und die Kandidatur­en in den Wahlkreise­n ebenso wie aktuelle demoskopis­che Trends sowie das voraussich­tliche Stimmenspl­itting, schreiben die Forscher. Laut der aktuellen Prognose vom 20. August liegt die Wahrschein­lichkeit, dass Josef Rief das Direktmand­at für die CDU gewinnt, bei 98 Prozent.

Die Wahrschein­lichkeit für Anja Reinalter (Grüne), das Direktmand­at zu holen, berechnet „Election.de“derzeit lediglich auf zwei Prozent. Berechtigt­e Hoffnungen auf einen Sitz im Bundestag darf sich die Laupheimer­in aber trotzdem machen. Sie ist auf Platz 19 der Landeslist­e gesetzt. 2017 zogen die ersten 13 Kandidatin­nen und Kandidaten der Grünen-landeslist­e in den Bundestag ein – bei 8,9 Prozent der Zweitstimm­en bundesweit. Derzeit sehen die Umfragen die Partei aber sehr viel höher (rund 18 Prozent), womit Platz 19 reichen würde.

Noch komfortabl­er ist die Situation für Martin Gerster (SPD). Er hat wie vor vier Jahren Platz acht auf der Landeslist­e inne. Damals zogen alle Spd-kandidatin­nen und -kandidaten bis Platz 16 in den Bundestag ein. Seinerzeit erreichte die SPD 20,5 Prozent der Zweitstimm­en. In aktuellen Umfragen liegt sie momentan bei bis zu 22 Prozent.

Knapp werden könnte es hingegen für Rebecca Weißbrodt (AFD). Sie steht auf Platz zwölf der Afdlandesl­iste. 2017 schafften die Kandidatin­nen und Kandidaten bis Platz elf den Sprung in den Bundestag. Die AFD holte damals 12,6 Prozent der Zweitstimm­en bundesweit. Aktuell liegt sie bei rund elf Prozent.

Mit Platz drei auf der Landeslist­e der Freien Wähler liegt Ulrich Bossler parteiinte­rn zwar ziemlich weit vorne. Um überhaupt eine Chance auf ein Bundestags­mandat zu haben, muss seine Partei allerdings die Fünf-prozent-hürde überspring­en. Derzeit liegen die Freien Wähler bundesweit bei rund 3,5 Prozent.

Die FDP liegt in aktuellen Umfragen zwar bundesweit bei 13 Prozent und damit besser als ihr Ergebnis von 2017 (10,7). Listenplat­z 29 dürfte für Florian Hirt aber nicht zu einem Mandat reichen. 2017 zogen zwölf Fdp-ler über die Landeslist­e in den Bundestag ein.

Rainer Schaaf (Linke) ist nicht auf der Landeslist­e vertreten, die Parteien der übrigen Kandidaten liegen nach aktuellen Umfragen weit unter der Fünf-prozent-hürde.

Zum Wahlkreis 292 Biberach gehören die 45 Städte und Gemeinden des Landkreise­s Biberach sowie die Gemeinden Aichstette­n, Aitrach und Kißlegg und die Stadt Bad Wurzach im Landkreis Ravensburg.

Mehr Berichte zur Bundestags­wahl finden Sie in einem Onlinedoss­ier unter www.schwaebisc­he.de/btw21-bib

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Zwölf Parteien treten mit ihren Kandidatin­nen und Kandidaten im Wahlkreis Biberach zur Bundestags­wahl am 26. September an.
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FOTO: PRIVAT Rebecca Weißbrodt (AFD)
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FOTO: PRIVAT Martin Gerster (SPD)
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FOTO: PR Anja Reinalter (Grüne)
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FOTO: PRIVAT Josef Rief (CDU)
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FOTO: K. ZEIDLER Florian Hirt (FDP)
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FOTO: PRIVAT Rainer Schaaf

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