Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Künstliche Intelligenz: Das kommt auf uns zu
Professorin aus Burgrieden erläutert bei Spd-veranstaltung mögliche Anwendungsbeispiele
- In welchen Bereichen kann Künstliche Intelligenz (KI) in den nächsten Jahren im Landkreis Biberach genutzt werden? Zu dieser Frage hatte der Biberacher Spdbundestagsabgeordnete Martin Gerster die Wissenschaftlerin Susanne Biundo-stephan aus Burgrieden zu seiner virtuellen Reihe „Biberacher Gespräche“eingeladen. Die Professorin, die das Institut für Künstliche Intelligenz an der Universität Ulm leitet, zählt zu den prägenden Köpfen beim Thema KI in Deutschland. Und sie hatte für die Teilnehmer ein paar ganz praktische Beispiele parat.
Fahren im Kreis Biberach in einigen Jahren keine großen Linienbusse mehr nach Fahrplan, sondern kleinere E-mobile, die nach Bedarf verkehren? Mit Hilfe von KI wäre das möglich, sagte Susanne Biundostephan. „Gebucht wird eine Fahrt über die App und das Fahrzeug kommt zu einem individuellen Abholpunkt, von denen es mehr gibt als heutzutage Bushaltestellen.“Mit
Hilfe von Kimethoden könne ein
Fahrzeug in der passenden
Größe ausgewählt werden, sodass zwar alle zusteigenden Fahrgäste Platz finden, aber keine riesigen Busse leer durch die Gegend fahren. „Der ÖPNV würde so agiler, bedarfsgerechter und ressourcenoptimiert“, sagte die Professorin.
KI mache all das möglich. Sie beruhe darauf, dass kognitive Fähigkeiten in eine Software übertragen werden. Unterschieden werde dabei zwischen datenbasierter KI, bei der die Software anhand von Daten Lernmuster entwickelt und diese auf neue Daten anwendet, und wissensbasierter KI, die mit Hilfe von Algorithmen Schlussfolgerungen zieht. Beispiele für datenbasierte KI finden sich in der Hautkrebserkennung, wissensbasierte KI kam laut Susanne Biundo-stephan in den ersten Schachcomputern zum Einsatz.
Gut zusammen passe KI auch mit der Landwirtschaft. So könnten im Bereich der Tierhaltung spezielle Fütterungs- und Reinigungsroboter zum Einsatz kommen, genauso wie selbststeuernde Fahrzeuge bei der Feldbewirtschaftung, die zum Beispiel optimiert düngen, je nach Klima und Bodenbeschaffenheit.
Die Wissenschaftlerin aus Burgrieden weiß um die Vorbehalte, die manche Menschen gegenüber Künstlicher Intelligenz haben: „Man darf sich das nicht als System vorstellen, das sich von sich aus verselbstständigt“, spielte sie auf ein beliebtes Motiv in Science-fiction-filmen an.
„Ki-systeme können immer nur eine Sache wirklich gut. Sie sind nicht mit menschlicher Intelligenz vergleichbar“, sagte Biundo-stephan.
Auch in einigen Unternehmen im Landkreis Biberach komme bereits KI zum Einsatz, wie Martin Gerster von Firmenbesuchen zu berichten wusste. Dies werde in den nächsten Jahren zunehmen, sagte die Professorin. „Die Unternehmen sind stark interessiert an der Digitalisierung und KI.“Größere Firmen eher als mittelständische, „dort fehlt mitunter das Personal und das Knowhow.“Auch gebe es zwischen der akademischen und der anwendungsorientierten Ki-forschung noch eine große Lücke, sagte Susanne Biundo-stephan.
Die Konsequenz für Arbeitnehmer in der Region werde in den nächsten Jahren sein, dass bestimmte Arbeiten wegfallen, weil diese von Systemen übernommen werden, die Ki-gesteuert sind. „Es werden dadurch aber auch neue Aufgaben entstehen. Entscheidend ist allerdings, dass man sich weiterbildet“, so die Forscherin.
In der Schulbildung habe Informatik und auch KI noch nicht den
Stellenwert, den beide Themen haben müssten. „Das muss in den Schulen gefördert werden, denn das wird künftig ein Riesenmarkt“, so Biundo-stephan.
Als Gleichstellungsbeauftragte der Universität Ulm ermunterte die Wissenschaftlerin auch Mädchen und junge Frauen, sich für den Bereich Informatik und KI zu interessieren. Derzeit liege der Frauenanteil im Informatik-studiengang bei etwa 15 Prozent. „Da muss man schon in der Schule gegensteuern“, sagte Susanne Biundo-stephan und kritisierte gängige Klischees, die zum Beispiel in Filmen und Serien vorkommen: „Dort sind Informatiker immer irgendwelche Nerds, die in Kellern vor ihren Rechnern sitzen mit Pizzakartons auf den Knien.“Das komme bei Frauen nicht gut an. „Ich kenne aber keinen Informatiker, der so ist“, sagte die Professorin.
Möglicherweise sei das aber ein Grund, warum der Frauenanteil in der Pathologie ungleich höher sei: „In Filmen sind Gerichtsmedizinerinnen meist junge, attraktive Frauen“, meinte Susanne Biundo-stephan und sorgte damit für einen humorvollen Schlusspunkt.