Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ravensburg blickt auf Räumungsurteil für Hambacher Forst
So schätzt ein Verwaltungsrechtler die Lage ein – Die zuständige Behörde prüft noch
- Mangelnder Brandschutz in den Baumhäusern – damit haben die Behörden argumentiert, als sie im Herbst 2018 die Bauten im Hambacher Forst bei Kerpen in NRW räumten. Jetzt urteilt ein Kölner Gericht: Das war nur vorgeschoben und die Räumung rechtswidrig. Auch in der Nähe von Vogt im Landkreis Ravensburg besetzen seit Februar dieses Jahres Aktivisten einen Wald und wohnen in Baumhäusern. Sie protestieren gegen die Kiesgrube, die auf dieser Fläche gebaut werden soll. Hat das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts auch Strahlkraft auf andere Fälle wie dem im Altdorfer Wald?
Der Hambacher Forst, ein 500 Hektar großer Wald zwischen Köln und Aachen, der am Rand des Braunkohletagebaus liegt, ist Symbol der Auseinandersetzung zwischen Klimaschützern und der Kohlebranche. Im September 2018 räumte die Polizei mit einem großen Aufgebot die über Jahre hinweg von Kohlegegnern errichteten Baumhäuser. Die Landesregierung hatte die Stadt Kerpen und den Kreis Düren zu der Räumung angewiesen – der Grund dafür waren Sicherheitsmängel. So weit ist es im Altdorfer Wald noch nicht gekommen. Dort duldet die zuständige Versammlungsbehörde, das Landratsamt Ravensburg, die Klimaschützer noch, die sich dort zum Protest niedergelassen haben.
Dass das Kölner Urteil, so wie es jetzt besteht, eine Auswirkung auf die Situation im Altdorfer Wald hat, glaubt Wolfgang Armbruster, Verwaltungsrechtler aus Sigmaringen nicht. „Das ist eine Einzelentscheidung eines speziellen Falls und keine Grundsatzentscheidung für Baumbesetzungen“, schätzt er die Situation ein. Hinzu komme, dass das Urteil in einem anderen Bundesland gefällt wurde. Grundsätzlich seien die Sachverhalte vom Hambacher Forst und dem Altdorfer Wald nicht vergleichbar, sagt Armbruster. Es würde von Fall zu Fall entschieden. „Hätte man im Altdorfer Wald überlegt, aus Brandschutzgründen zu räumen, dann könnte das Urteil aus Köln eine Bedeutung bekommen“, sagt Armbruster. So aber nicht.
Südwest-landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) würde den Wald gerne geräumt sehen. Er vertritt in seinem Amt den Eigentümer des Waldes und der ist das Land. Eine Räumung durch die Polizei anordnen, kann aber nur die zuständige Behörde, also das Landratsamt Ravensburg. „Wir haben das Spannungsverhältnis zwischen der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit und den mit der Waldbesetzung verbundenen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bisher so abgewogen, dass wir noch keine Versammlungsauflösung verfügt haben“, begründet eine Sprecherin die Entscheidung auf Anfrage. Mit dem Urteil aus Köln möchte man sich „sehr genau befassen“. Dazu, welche Auswirkungen es auf den Fall im Altdorfer Fall haben könnte, könne die Behörde noch nichts sagen.
Und wie viel Zeit bleibt? Wann könnten im Altdorfer Wald die Bagger rollen? Der Regionalplan, in dem das Kiesabbaugebiet in der Nähe des Vogter Teilortes Grund als mögliches Abbaugebiet verzeichnet ist, ist verabschiedet. Nun muss das Wirtschaftsministerium des Landes Baden-württemberg den Plan genehmigen. Dann erst kann das Unternehmen Meichle und Mohr mit Sitz in Immenstaad am Bodensee, das den Kiesabbau im Altdorfer Wald plant, den Antrag beim Landratsamt stellen, so sagte es Unternehmer Rolf Mohr, Senior-chef von Meichle und Mohr, in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“im August. Bis man mit dem Abbau starten könne, könnte es noch ein bis zwei Jahre dauern.