Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Länder wollen einheitliche Corona-regeln
Ministerpräsidenten stemmen sich gegen Ende der „epidemischen Lage“– Inzidenz steigt
- Die Ministerpräsidenten stemmen sich gegen das ersatzlose Auslaufen der seit März 2020 vom Bundestag ausgerufenen „epidemischen Lage nationaler Tragweite“. Diese ist bisher nicht nur Grundlage dafür, dass der Bund rasch Verordnungen zu Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise erlassen kann. Die „Lage“gibt den Ländern auch die Möglichkeit, Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen festzulegen.
Die scheidenden Länderchefs von Nordrhein-westfalen und Berlin, Armin Laschet (CDU) und Michael Müller (SPD), machten am Freitag nach einer Ministerpräsidentenkonferenz in Königswinter im Namen ihrer Kollegen deutlich, dass man eine „sichere bundeseinheitliche Rechtsgrundlage“brauche, um etwa die sogenannten 2G- und 3G-regeln, Maskenpflicht, Abstand, Lüften sowie Kontaktdatenerhebungen realisieren zu können. „Wenn jedes Land das selbst festlegen muss, führt das zu Verwerfungen“, warnte Laschet. Müller sagte, die Länderchefs hätten die Sorge, dass bei steigender Inzidenz auf einmal die Rechtsgrundlagen fehlten, wenn am 25. November die Regelung ersatzlos wegfalle.
Müller ließ dabei offen, ob der Bundestag die bereits viermal verlängerte „epidemische Lage“für weitere drei Monate erklären, eine Übergangsregelung schaffen oder einen noch anders gearteten Beschluss verabschieden soll. Es müsse „nicht eins zu eins wie heute“aussehen. Es gehe aber darum, rechtzeitig zu reagieren. Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits klargemacht, dass er nicht am Ausdruck epidemische Lage hänge. Wie man die bundesweit gültige gesetzliche Grundlage nenne, sei nicht entscheidend.
Der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der das Auslaufen der epidemischen Lage angekündigt hatte, machte unterdessen klar, dass es aus seinem Hause keine Vorlage für neue Regeln geben werde.
Den einzelnen Bundesländern steht an sich der Weg frei, jeweils eigene Regeln zu schaffen, die von den jeweiligen Landtagen genehmigt werden müssten. Laschet und Müller begründeten ihre Forderung nach einheitlichen Vorgaben auch mit Problemen in einzelnen Länderparlamenten sowie mit mehreren Gerichtsurteilen. Die Richter sähen nur in einzelnen Ländern geltende Maßnahmen aber kritisch, sagte Müller.
Die Sieben-tage-inzidenz steigt in Deutschland unterdessen weiter rasch an. Das Robert-koch-institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche am Freitag mit 95,1 an. Er hat damit erstmals seit Mitte Mai die 90 überschritten. „Es ist damit zu rechnen, dass sich im weiteren Verlauf des Herbstes und Winters der Anstieg der Fallzahlen noch beschleunigen wird“, schreibt das Institut in seinem aktuellen Wochenbericht.