Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Verräterische Duftnote
Tatort Mainz: Blind Date (ARD, So., 20.15 Uhr) –
Nein, das Fernsehgerät ist nicht kaputt, wenn zu Beginn des „Tatorts“nur schwarze Bilder mit grauen
Flecken auftauchen. Mit diesem Trick visualisiert Regisseurin Ute Wieland die Blindheit von Protagonistin Rosa Münch (zwingend gespielt von Henriette Nagel). Rosa ist von Geburt an blind, aber ihre Ohren und ihre Nase sind umso feiner ausgebildet. Als einzige Zeugin eines Tankstellenüberfalls mit Todesfolge kann sie eine erstaunlich exakte Beschreibung der beiden Täter abliefern – bis hin zum Duft des teuren Parfüms. Die beiden Kommissare Ellen Berlinger (Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg) begreifen nach anfänglichem Misstrauen, dass die blinde Jurastudentin den Schlüssel zur Lösung des Falles liefern kann. Aber die lesbische Rosa spielt ihr eigenes Spiel – sehr zur Beunruhigung ihrer Eltern – und bringt dabei sich selbst in Gefahr.
Autor Wolfgang Stauch hat für diesen Tatort ein außergewöhnliches, teils sozialkritisches Buch über Selbstbestimmung und Lust am Risiko vorgelegt, das mehr als nur ein Krimi ist. Das Publikum weiß sehr schnell Bescheid über die aus Arroganz und Langeweile agierenden Täter,
während das Verhalten von Rosa immer wieder Rätsel aufgibt. Bis zum überraschenden Finale bleibt der extreme, teils ziemlich freizügige Fall spannend. Die beiden Ermittler sind dabei in ihrer Gegensätzlichkeit erfrischende Erscheinungen. Dabei hat vor allem Ellen Berlinger als Alleinerziehende zu kämpfen. Rascher gibt nichts von seinem privaten Hintergrund bekannt. Noch nicht. Leider war der Titel zu diesem zweiten gemeinsamen Auftritt etwas fragwürdig.