Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bevölkerung zeigt wenig Interesse
Marcus Schafft, Ralf Kasiske und Rainer Schaaf empfehlen sich den Bürgern der Stadt
- Lag es an den steigenden Coronazahlen oder an den Bewerbern um den Bürgermeisterposten, dass der Andrang bei der Kandidatenvorstellung doch sehr überschaubar war? Viele Stühle blieben in der Stadthalle leer. Keine hundert Zuhörer fanden sich zur Vorstellung und Fragerunde ein. Neben dem amtierenden Bürgermeister Marcus Schafft gaben Ralf Kasiske und Rainer Schaaf ihre Statements ab. Der vierte Bewerber Samuel Speitelsbach hatte den Weg nach Riedlingen nicht auf sich genommen.
„Heute ist ein wichtiger Tag für die Stadt“, eröffnete Moderator Manfred Birkle den Abend, nachdem eine Abordnung der Stadtkapelle die Veranstaltung musikalisch eingeläutet hatte. Den wenigen Zuhörern versprach er, dazu beizutragen, dass der Abend für alle ein Erfolg werde. Zuvor gedachten die Anwesenden dem ehemaligen Bürgermeister Hans-georg Bosem, der am Donnerstag beigesetzt worden war.
Der amtierende Bürgermeister Marcus Schafft hatte als Erster das Wort. In seinen 20 Minuten legte er ein hohes Tempo vor, ging auf „das gute Fundament, um für die Zukunft weiterzuarbeiten“ein. Schafft betonte, dass ihm das Miteinander wichtig sei. Dazu zählt er das interkommunale Gewerbe- und Industriegebiet Donau Bussen, das die Gemeinden gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Mit dem Gemeinderat seien Baugebiete, auch für die Teilorte, realisiert worden. Wohnungsbau solle außerdem weiter gefördert werden. Bei den Themen Bildung und Gesundheitsversorgung habe man weitere Perspektiven erarbeitet. Dazu zählt Schafft die SRH und den Gesundheitscampus, der durch erhebliches Engagement aus der Bürgerschaft und Unterstützung der Stadt möglich wird. Er sprach von der Breitbandkonzeption, dem Hochwasserschutz und dass der Haushalt ab 2022 mit 13 Millionen Euro Rücklage ausgeglichen sei. In der Vereinsförderung werde nun mehr bezahlt als vorher, der Schwerpunkt liege dabei auf der Jugend. Besonders erfreulich sei der
Zuschlag für die Gartenschau 2035. So habe er das auch in Gesprächen mit den Bürgern wahrgenommen. Dem Meta-projekt, wie Schafft es nannte, sind in der Zukunft viele Projekte untergeordnet. Die Verkehrskonzeption mit der Ortsumgehung B 311 und der Eisenbahnkreuzungsgesetzmaßnahme zählen ebenso dazu, wie die Park & Ride-anlage und die Brücke beim Bahnhof, Regio-s-bahn und Nahverkehr. Auf dem Stadthallen-areal solle das umgesetzt werden, was die Bürger im Bürgerentscheid beschlossen haben – Fachmärkte, eine neue Kulturhalle, ein Hotel und Outdoormöglichkeiten. Dafür sollten bereits 2022 die Weichen gestellt werden. Auch die weiteren Themen wie Sperrzeitverkürzung und Barrierefreiheit hätten Beziehungen zur Gartenschau. Der Bürgermeister der Stadt müsse nicht im Vordergrund stehen, so Schafft. Er fühle sich als Diener der Gemeinschaft. „Wichtig ist, dass es in Riedlingen vorwärts geht“, empfahl er sich den Anwesenden.
„Ich stehe hier, weil ich etwas ändern will“, sagte der Riedlinger Taxiunternehmer Ralf Kasiske. Er wolle Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Dabei legt der 51-Jährige Wert auf eine offene und faire Kommunikation mit den Bürgern und den Verwaltungsmitarbeitern. Zur Stadtpolitik sei er durch den damaligen Gemeinderat Ottmar Haberbosch gekommen. In zehn Jahren als Gemeinderat habe er viel gelernt. Für seine Meinung, mit der er nicht hinter dem Berg hält, sei er immer wieder angegriffen worden. Irgendwann habe er keinen Bock mehr auf Politik gehabt. Nun sei er wieder bereit dazu, allerdings nicht ehrenamtlich. Kritisch sieht Kasike, dass der Stadtbus, als Abfallprodukt des Schülerverkehrs, am Bedarf der Bürger vorbei gehe. Er verursache viele Tausend Euro Kosten und bringe wenig Nutzen. Während seiner Ratszeit habe er angeregt, in der Grabenstraße einen Behindertenparkplatz anzulegen und Wohnmobilstellplätze auszuweisen. Erst Jahre später sei beides realisiert worden. Als Bürgermeister könnte sich Kasiske einen eigenen Tv-stadtkanal oder die Einführung einer Stadt-app vorstellen. Das böte den Bürgern schnelle Informationen über das Stadtgeschehen. Er lud die Zuhörer auf einen gedanklichen Spaziergang durch die Stadt ein und legte den Finger in die Wunde der Projekte, die seiner Meinung nach nicht optimal sind. Dass die Stadt das Bahnhofsgebäude aus der Hand gegeben habe und nun mit der Sishabar Vermüllung am ZOB Einzug gehalten hätte. Auch die Hindenburgstraße zeige sich verwahrlost und neu geschaffene Baulücken seien entstanden. Für brach liegende Flächen wünscht er sich neue Nutzung. Schandflecke wie die Schreinerei Buck müssten abgerissen werden. Ladenleerstand will Kasiske durch Projekte mit einem Nutzen bekämpfen. Die Stadtverwaltung soll durch Öffnung auch am Samstag bürgerfreundlicher werden. „Schenken Sie mir Vertrauen, ich werde Sie nicht enttäuschen“, so Kasiske.
„Ihr seid neugierig auf mich und ich bin neugierig auf euch“, wandte sich der dritte Kandidat Rainer Schaaf an das Publikum. Parteipolitisch ist der 59-Jährige, der in der Behindertenbetreuung arbeitet, aktiv im Kreisverband der Linken. Durch diese Mitgliedschaft sei er keiner Gruppierung im Riedlinger Gemeinderat politisch verpflichtet. Das ermögliche ihm, aus einer neutralen Position heraus verschiedene Herausforderungen anzugehen. Wichtig sei ihm der Erhalt des historischen Stadtkerns. Schaaf plädierte für ein modernes Marketingkonzept unter Einbeziehung von Tourismus und Einzelhandel. „Das Historische soll erhalten bleiben und behutsam mit Neuem verbunden werden“, sagte der Kandidat. So könne die Identität Riedlingens erhalten bleiben. Das Stadthallen-areal sieht Schaaf als ungelöstes Problem und bezeichnetes es als missgestaltetes Projekt. Die Stadt solle besser die vorhandenen Strukturen verbessern, als hier Geld zu verbrennen. Die Klimaneutralität sei ein großes Thema der Zukunft. Erneuerbare Energien, Umweltund Klimaschutz seien eine Verpflichtung für die gesamte Bevölkerung. „Wir stehen in der Verantwortung und haben die Pflicht unsere Stadt wohnlich zu erhalten“, sagte Schaaf. In Zusammenarbeit mit der Seniorengenossenschaft und privaten Investoren könnte man eine gemeinnützige Gesellschaft zum Zweck des Wohnungsbaus gründen. Das alte Krankenhaus könnte ein Teil dieses Konzeptes sein. Weil er wisse, dass es ohne profundes Wissen über die öffentliche Verwaltung schwer sei als Bürgermeister zu arbeiten, habe er ein Kompetenzteam von drei verwaltungserfahrenen Leuten um sich. „Ich will als Bürgermeister bodenständig bleiben. Mir geht es darum, zukunftsträchtige Strukturen und Stabilität für Riedlingen zu etablieren“, empfahl sich Rainer Schaaf.
An die Vorstellung schloss sich eine Fragestunde an.
Die Vorstellung der Kandidaten ist auf der Homepage der Stadt Riedlingen zu finden.