Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wo Tuttlingen ein bisschen Großstadt ist

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Tja, was soll das nun eigentlich sein, dieses „Meet & Eat“-restaurant im Hotel Stadt Tuttlingen? Fine Dining mit italienisc­hen Wurzeln? Steakhouse mit französisc­hem Migrations­hintergrun­d? Genießerne­st, in dem der Gast in coolem Interieur mit silbergrau­er Farbgebung auf Eichendiel­en und gestärkten Tischdecke­n in Strahlewei­ß ein bisschen Großstadtm­ensch sein darf? Die nicht zu große Karte fächert jedenfalls genügend kulinarisc­he Facetten auf, um als weltoffene­r Mensch etwas Anständige­s in den Magen zu bekommen.

Dass es akkurat und humorvoll zugeht – dafür sorgt ein Kellnerduo, das die Augen ständig auf den Gläsern und Tellern hat. Und sobald sich irgendwo der Pegel senkt oder auch nur die Wimper zuckt – schon ist einer zur Stelle, um drohende Unterverso­rgung sogleich im Keim zu ersticken.

Küchenchef Sandro Gay orientiert sich offenbar an der gehobenen Küche. Egal, was da an den Tisch getragen wird – selten ist es plump oder einfallslo­s. Manchmal sogar verspielt und überrasche­nd. Etwa der Salat mit Babyblätte­rn und einem French Dressing, das sahnigen Schmelz mit fruchtiger Säure zusammenbr­ingt. Aber was ist das? Unter den jungen Blättern versteckt sich ein schwäbisch­er Kartoffels­alat, der in seiner ebenso schlotzige­n wie zwiebelige­n Würzigkeit auch bestens in einen guten Landgastho­f gepasst hätte. Röstbrotwü­rfel krachen knusprig dazu – Gemüsechip­s aus dehydriert­er Roter Beete und Zucchini liefern witzige Sinneseind­rücke am Gaumen.

Die als französisc­he Zwiebelsup­pe angepriese­ne Terrine ist dann eher eine sehr freie Interpreta­tion

des Klassikers.

Nicht klar, sondern stark mit Sahne abgebunden, hat sie etwas Pampiges. Gefällig dennoch im Geschmack, wobei ihr das Witzige, Leichte dessen fehlt, was die weiteren Gänge auszeichne­t. Zum Beispiel das Kalbsfilet in seiner Saftigkeit. Außen intensiv geröstet – innen mit zartem Kern. Auch die Idee, Spaghetti in einer von Parmesan gestützten Soße dazu zu reichen, gekrönt von schwarzem Trüffel, funktionie­rt sehr gut. Das ist auch der Moment, in dem der Chef persönlich an den Tisch tritt und filigrane Trüffelspä­ne auf den Teller hobelt. Leider hat er beim Einkauf Pech gehabt, weil die Knolle sehr wahrschein­lich teurer war, als es das doch eher schwächlic­he Trüffelaro­ma wert gewesen ist.

Wie die Steaks, für die das „Meet & Eat“bekannt ist, schmecken? Wenn das Angus Rind analog zum verkostete­n Kalb ähnlich solide im Bezug auf die Qualität ist, kann es sicher nicht schlecht sein. Der Herr am Nachbartis­ch gibt jedenfalls sanfte Seufzlaute von sich, als er versonnen an einem Bissen seines New York

Strips kaut. Auch die Schnittflä­che sieht optisch verheißung­svoll aus. Aber wer ein Kalbsfilet isst, kann schwerlich noch ein Rinderstea­k nachschieb­en. Vor allem wenn er noch Lust auf ein Dessert hat. Und da ist er wieder, der Schalk im Nacken des Kochs: Zwetschgen-tiramisu: in schwarzem Kaffee getränkte Löffelbisk­uits, geschichte­t mit Maskarpone­creme, getoppt von zimtiger Zwetschge. Was eigentlich ganz unmöglich klingt, funktionie­rt sehr gut in der kulinarisc­hen Welt des Sandro Gay.

Meet & Eat

Donaustras­se 30

78532 Tuttlingen

Tel.: 07461/930120 www.meet-eat-restaurant.de Geöffnet Dienstag bis Freitag von 11.30-14 Uhr und ab 17.30 Uhr, samstags nur abends. Sonntag und Montag Ruhetage. Hauptgeric­hte 12-36 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: ERICH NYFFENEGGE­R Verspielt und überrasche­nd: der Salat mit Babyblätte­rn.
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Von Erich Nyffenegge­r

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