Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Honda HR-V findet auch ohne Buchse Anschluss
Der kleine Geländewagen setzt auf Sparsamkeit und ist ausschließlich als Hybrid zu haben
Trends sind nur was für Wendehälse. Wer eine Überzeugung hat, der folgt ihr auch gegen die Mode. Das kann man jetzt zum Beispiel bei Honda beobachten. Wenn die Japaner zum Jahreswechsel für Preise ab 30 400 Euro den neuen HR-V an den Start bringen, lassen sie sich nicht anstecken von der elektrischen Euphorie, die uns Batterien als besten Weg im Kampf gegen den zu hohen Co2-ausstoß verkaufen will. Statt der Politik und ihren Subventionen zu vertrauen oder nur auf den Prüfstand-verbrauch zu schauen, orientieren sie sich an der Praxis und bieten den kleinen Geländewagen im Format von VW T-roc oder Opel Mokka ausschließlich mit einem konventionellen Hybriden an. Der fällt zwar durch das Raster der Förderung und kommt nicht auf Fabelwerte unter zwei Liter, lässt sich dafür aber im Alltag tatsächlich mit runden fünf Litern fahren.
Technisch eng verwandt mit dem Jazz, aber in der Leistung ein wenig gesteigert, kombiniert dieser e:hevantrieb einen 1,5 Liter großen Benziner und gleich zwei E-maschinen, von denen eine dem Antrieb dient und die andere als Generator den Puffereakku speist. Der ist allerdings eher mickrig und kommt deshalb natürlich ohne Steckdosenanschluss aus. Die elektrische Reichweite liegt denn auch ähnlich wie bei Prius & Co. bei nur rund zwei Kilometern. Doch weil Rekuperation effizient ist und man die Übergänge der Betriebsmodi kaum merkt, fühlt man sich in der Stadt meist als Stromer und hat ein entsprechend gutes Gewissen. Das elektrisierende Gefühl wird noch gesteigert von einer aufwendigen Regelung zur Rekuperation: Mit den Wippen am Lenkrad wechselt man vom kilometerlangen Segeln schrittweise zum One-pedalfahren mit starker Verzögerung und man fühlt sich tatsächlich wie im Honda E.
Wenn man jenseits des Ortschildes mal etwas fester aufs Pedal tritt, kommt sogar so etwas wie Fahrfreude auf. Obwohl im Fahrzeugschein nur 131 PS stehen, dreht der HR-V ordentlich auf und sprintet in konkurrenzfähigen 10,6 Sekunden von 0 auf 100. Allerdings darf man sich davon nicht zur Raserei verleiten lassen. Weil der HR-V ein sparsames Auto sein soll und das neue stufenlose Getriebe auf Komfort ausgelegt ist, ist bei 170 km/h schon wieder Schluss. Das ist zwar im Feld der flotten Stadtsuvs eher mäßig. Doch angesichts des eher kernigen Knurrens des 1,5 Liter großen Atkinson-benziners, das sich jenseits von 150 km/h in den
Vordergrund spielt, möchte man ohnehin nicht viel schneller fahren.
Während Honda bei der Motorauswahl einen sehr eigenen Weg geht, auf dem sonst nur noch der Toyota Yaris Cross unterwegs ist, folgen die Japaner beim Design einer ebenso gefälligen wie gewöhnlichen Linie: Der 4,34 Meter lange HR-V ist ein schmuckes SUV, das mit einem aerodynamischen Kühlerwulst und einem vergleichsweise schrägen Heck ziemlich schnittig auftritt, dabei aber jede Provokation vermeidet und deshalb kaum in Erinnerung bleibt. Ist er mal ums Eck, hat man ihn auch schon fast wieder vergessen. Immerhin leisten sich die Ingenieure innen wieder ein paar Eigenheiten. Wie beim technisch eng verwandten Jazz gibt’s in der zweiten Reihe die sogenannten Magic Seats, bei denen sich wie im Kino die Sitzflächen aufstellen lassen und so Platz machen für den Transport hoher Güter wie einem Fahrradrahmen oder einer Stehpflanze, die sonst vielleicht nicht in den mit 335 Litern eher mäßigen Kofferraum passen würden.
Wie sonst nur in der Oberklasse hat Honda vorne eine Klimaanlage eingebaut, die auf Wunsch weitgehend zugfrei arbeitet und über spezielle Ausströmer eine Isolierschicht aus warmer oder kalter Luft vor die ausgekühlten oder aufgeheizten Fenster legt. Dazu gibt es ein Cockpit mit weitgehend digitalen Anzeigen, in dem aber noch immer ein analoger Tacho dreht, eine üppige Mittelkonsole mit vielen Ablagen unter einem großen Touchscreen und sowie betont schlanke Karosseriesäulen, an denen man besser vorbeischauen kann als bei der Konkurrenz. Schade nur, dass bei so viel Pfiff nicht auch noch ein bisschen Pep übrig geblieben ist. Dann müsste sich das Armaturenbrett nicht in so viel tristes Grau hüllen. Aber mit der Mode haben es die Japaner offenbar nicht so.