Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nicht jedes Stück Land darf bebaut werden
Wer beim Grundstückskauf erfolgreich war, kann trotzdem nicht gleich das Haus planen
Bietet eine Stadt oder Gemeinde preiswertes Land an, freut das potenzielle Häuslebauer. „Doch Vorsicht, das muss nicht unbedingt Bauland sein“, warnt die Schleswig-holsteinische Notarkammer. „Es kann sich auch um Bauerwartungsoder Rohbauland handeln.“Dann dürfen die Käufer womöglich erst in einigen Jahren bauen – oder nie. Ob Käufer ein Grundstück zum Hausbau nutzen dürfen, regeln der kommunale Flächennutzungsplan, die Gemeindesatzung und tatsächliche Gegebenheiten, informiert die Notarkammer. Rechtlich sind Grundstücke in verschiedene Qualitätskategorien eingeteilt, die auch den Preis beeinflussen. Prinzipiell unterscheidet man vier Grundstücksarten: baureifes Land, Rohbauland, Bauerwartungsland und Ackerland. Nur das baureife Land darf gleich nach dem Kauf und der Erteilung einer Baugenehmigung bebaut werden.
Befindet sich ein Grundstück in einer Stadt oder Gemeinde, etwa zwischen anderen Wohnbauten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dort bald gebaut werden kann. „Denn dabei handelt es sich um den sogenannten Innenbereich, der nach dem Baurecht grundsätzlich für die Bebauung vorgesehen ist“, sagt Maike Sommer, Rechtsanwältin vom Bauherren-schutzbund. Anders ist das außerhalb der Kommune oder gar auf einer landwirtschaftlichen Fläche. Dort handelt es sich in aller Regel nicht um Bauland.
„Baureifes Land, auch als Bauland bezeichnet, ist voll erschlossen, hat Zuwege zu Wasser, Strom und Zugang zu öffentlichen Wegen“, erklärt Rechtsanwalt Rolf Kemper von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. „Es ist deshalb teurer als die anderen Arten.“
Ist ein Grundstück nicht erschlossen und an die Infrastruktur angebunden, kann es sich um Bauerwartungsland oder Rohbauland handeln.
Das ist meist deutlich preiswerter als baureifes Land. „Rohbauland ist zwar bereits als Bauland ausgewiesen, jedoch ist es noch nicht erschlossen und die Bebauung somit noch nicht möglich“, so die Notarkammer. „Handelt es sich gar um Bauerwartungsland, stimmt die Gemeinde der Bebauung im ungünstigsten Fall erst in Jahrzehnten zu.“
Kommunen bieten solche Grundstücke durchaus an, jeder muss jedoch selbst entscheiden, ob es Sinn macht, so ein Stück Land zu kaufen. Manch einer hofft vielleicht, dass der Wert des Grundstücks mit der Baureife steigt. Allerdings kann die Kommune auch ihre Flächennutzungsplanung ändern. Dann kann es sogar sein, dass das Grundstück gar nicht den Status baureifen Landes erhält. „Wer Bauerwartungsland kauft, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Planung und Baurecht“, warnt Kemper.
Bei Rohbauland garantiert die Kommune zwar die Bebaubarkeit der Fläche, aber nicht, ab wann. „Die Preise für Rohbauland sind etwas günstiger als für Bauland. Dafür müssen sich die Bauherren an den Erschließungskosten beteiligen“, sagt Maike Sommer.
Für Kaufinteressenten ist das Planungsamt der Kommune oder des Landkreises der beste Anlaufpunkt, um Informationen über den Status eines Grundstücks zu erhalten. Dort gibt es Auskunft über den Flächennutzungsplan und abgeschlossene oder noch laufende Bebauungsplanverfahren der Kommune. Rechtsanwalt Kemper rät, vor dem Kauf eines
Grundstücks zur Sicherheit immer zuerst das zuständige Bauamt zu kontaktieren.
„Nach dem Baugesetzbuch darf nur dort gebaut werden, wo ein kommunaler Plan oder – im Innenbereich – der vorhandene Baubestand das erlaubt. Denn in Gebieten, für die zwar kein Bebauungsplan, aber ein tatsächlicher Bebauungszusammenhang besteht, können Eigentümer eine Baugenehmigung nach Paragraf 34 BAUGB beanspruchen“, sagt Kemper. Ein Bauvorhaben ist dann zulässig, wenn es sich insbesondere nach Art und Maß in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Wer unsicher ist, ob und wie ein Grundstück bebaut werden darf, kann auf das Instrument des „planungsrechtlichen Vorbescheides“setzen. „Das ist eine Vorstufe zur Baugenehmigung“, sagt Kemper. So funktioniert es: Der Käufer eines Grundstücks richtet eine Bauvoranfrage an das Bauamt. Darin beschreibt er sein Bauvorhaben möglichst konkret und fragt an, ob das in Ordnung gehen würde.
Gibt die Kommune darauf einen positiven Bescheid, muss sie anschließend auch eine Baugenehmigung erteilen. „Dieser Versuch kann gutgehen“, so der Rechtsanwalt. Genauso kann aber auch eine Ablehnung kommen und das Geld für die Voranfrage ist trotzdem weg.
Als langfristige Anlage kann der Kauf nicht baureifer Grundstücke durchaus Sinn machen. Für Familien dagegen, die sich in absehbarer Zeit ein Eigenheim darauf bauen wollen, ist das Risiko groß. „Sie sollten sich nicht auf ein Grundstück fixieren, das unsicher ist, sondern flexibel bei der Suche nach einem baureifen Stück Land sein“, rät Sommer. (dpa)
„Wer Bauerwartungsland kauft, hat grundsätzlich
keinen Anspruch auf Planung und Baurecht.“
Rolf Kemper, Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im
Deutschen Anwaltverein