Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Das Ende von Maestro
Mit dem rot-blauen Logo funktioniert die normale Girocard auch im Ausland – Das könnte sich nun ändern
- Von Mitte 2023 an dürfen die Banken in Europa keine Maestro-karten mehr ausgeben, zu erkennen an den beiden rot-blauen Kreisen auf der Girokarte der Banken und Sparkassen. Das könnte für Bankkunden gravierende Folgen haben. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was bedeutet Maestro eigentlich?
Maestro gehört zum amerikanischen Kartenunternehmen Mastercard. Die beiden rot-blauen Kreise ermöglichen den Karteninhabern die Zahlung mit ihrer Karte im Ausland. Eingeführt wurde die Maestro-karte 1991. Damals freuten sich die Verbraucher, auch ohne EC- oder Traveller-schecks im Ausland bezahlen zu können. Immerhin sind in Deutschland 100 Millionen dieser Karten oder des vergleichbaren Systems V-pay von Visa in Umlauf, das heißt sie sind in mehr als 90 Prozent aller deutschen Geldbörsen zu finden. Beim Einzelhandel hat die Girocard einen Anteil von 44 Prozent. Rechnet man V-pay hinzu, so decken beide nach Angaben der Deutschen Bundesbank zwei Drittel der europäischen Kartenzahlungen ab.
Kann man also von Sommer 2023 an nicht mehr die Girocard im Ausland zücken?
Das wird nicht sofort der Fall sein, denn von diesem Zeitpunkt an werden nur neue Karten nicht mehr ausgegeben, die alten behalten ihre Gültigkeit – und das wahrscheinlich lange über diesen Zeitpunkt hinaus. Fraglich ist jedoch, ob dann auch die Akzeptanz der Karte bei Händlern und Gastronomen weiter so groß bleibt wie bisher. Das gilt umso mehr, als vielleicht auch V-pay in der Folge eingestellt wird. Das vermuten jedenfalls Branchenkenner, berichtet das Branchenportal finanz-szene.de.
Und wie bezahlt man dann künftig im Ausland?
Die Kreditinstitute könnten zusätzlich zu einer nur in Deutschland nutzbaren Girocard künftig eine weitere Karte ausgeben – eine Debitkarte. Die ist international nutzbar, der Betrag wird direkt vom eigenen Konto abgebucht. Oder die Girokarte wird direkt mit der Funktion der Debit-mastercard ausgestattet, als „Co-badge“. Das dürfte die Banken jedoch mehr Gebühren kosten. Eine
Debitkarte ist nicht als Kreditkarte zu sehen, bei der die Ausgaben gesammelt und einmal im Monat abgerechnet werden. Mit Kreditkarten ist eine Zahlung im Ausland ohnehin möglich – allerdings sind auch damit häufig mehr Gebühren verbunden. Auch die Händler im Einzelhandel bevorzugen deshalb die Zahlung mit Maestro-karten.
Warum stellt Mastercard Maestro ein?
Der Zahlungsdienstleister argumentiert, dass Maestro für das Bezahlen im stationären Handel geschaffen wurde. Im Onlinehandel können die Karten mit dem Logo nicht eingesetzt werden, das hat vor allem technische Gründe: Die bis zu 19 Ziffern der Maestro-karten seien nicht kompatibel mit den gängigen E-commerce-portalen. Eine Ausnahme gilt nur für die Sparkassen, nämlich für diejenigen Institute, die über die Girokarte auch Apple Pay anbieten.
Steckt mehr dahinter als die technischen Schwierigkeiten?
Das ist zu vermuten. Denn wenn die deutschen Finanzinstitute ihren Kunden nicht mehr die Auslandszahlung anbieten können, dürften sie – so das Kalkül – auf die Debitkarten von Mastercard zurückgreifen. Damit würden die Amerikaner Marktanteile gewinnen, wenn denn Konkurrent Visa das zulässt. Die könnten eben ihre V-pay-karte auch einstellen, auch wenn sie das offiziell noch nicht eingestehen. Und ein weiteres Argument: Bisher wird der Zahlungsverkehr in Deutschland und Europa von den beiden amerikanischen Unternehmen abgewickelt. Die verdienen also auch daran – und sammeln zudem fleißig Daten über diese Zahlungsströme, die sie dann auch für weitere Geschäfte nutzen könnten. Sie wollen sich ihre Position sichern, bevor die Europäer eine eigene Zahlungsverkehrslösung entwickeln.
Ist denn eine europäische Lösung geplant?
Es gibt die „European Payment Initiative“(EPI), das ist ein Konsortium aus sieben Ländern und 33 Finanzdienstleistern. Die EZB und die Europäische Kommission unterstützen das. Damit sollen Zahlungen nun über die bestehenden europäischen Verfahren wie SEPA oder Instant Payment abgewickelt werden. Wie immer in Europa dauert der Aufbau eines solchen Systems lange, auch weil er sehr teuer ist. 1,5 Milliarden Euro sind nach Informationen von finanz-szene.de zunächst für eine erste Finanzierungsrunde nötig, das fällt den notorisch eigenkapitalschwachen Instituten nicht leicht. Die deutschen Banken wären an einer schnellen Umsetzung interessiert, auch weil die Kunden im Internet immer noch lieber mit Paypal bezahlen als dem deutschen Zahlsystem Paydirekt. Damit die Kunden dann aber im Ausland zahlen könnten, müssten sie schnell eine „Epikarte“ausgeben. Das dürfte ganz sicher nicht so schnell gehen. Der Druck auf die europäischen Banken, jetzt eine eigene Lösung zu finden, hat jedenfalls durch die Abschaffung von Maestro deutlich zugenommen.