Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Momentaufn­ahme oder Trendwende?

Mit Magdeburg und Berlin dominieren zwei Ost-clubs die Handball-bundesliga

- Von Christoph Stukenbroc­k

(SID) - Philipp Weber wählte emotionale Worte. „Der Wahnsinn geht weiter“, schrieb der Handball-nationalsp­ieler des SC Magdeburg bei Instagram und transferie­rte die nüchternen Zahlen der Bundesliga-tabelle auf die Gefühlsebe­ne. Nach dem Coup beim THW Kiel (29:27) gehört der SCM mindestens dort plötzlich zu den heißen Titelkandi­daten. „Wer in Kiel gewinnt“, urteilte der erfahrene Bundesliga-coach Martin Schwalb nach knapp einem Viertel der Saison bei Sky, „der ist für höhere Aufgaben bereit“.

Nach acht Spieltagen führt der SC Magdeburg die Liga mit 16:0-Punkten an, Zweiter sind die ebenfalls noch ungeschlag­enen Füchse Berlin (15:1 Zähler) – zu den Abo-champions der vergangene­n Jahre vom THW Kiel (12:4) und der SG Flensburg-handewitt (9:5) klafft schon eine kleine Lücke. Die fast schon erdrückend­e Dominanz der Teams aus dem Norden bröckelt, momentan gibt der Osten der Handball-republik die Schlagzahl vor.

„Wir freuen uns beim Blick auf die Tabelle“, sagte Füchse-manager Bob Hanning, „denn es ist höchste Zeit für ein bisschen Abwechslun­g an der Spitze.“Die momentane Situation sei das Ergebnis von „kontinuier­licher harter Arbeit in Magdeburg und bei uns“. Tatsächlic­h pirschen sich der SCM und die Füchse im Windschatt­en der schier übermächti­gen Rivalen aus dem Norden schon seit Jahren heran, nun könnten sie zupacken.

Vor allem die Magdeburge­r spielen in dieser Saison bislang groß auf. Obwohl sie in Kiel nach Roten Karten nahezu die komplette zweite Halbzeit ohne ihren Abwehrchef und ohne ihren Spielmache­r auskommen mussten, siegten sie souverän. „Ich bin natürlich super happy. Ein Sieg in Kiel ist auch für uns nicht selbstvers­tändlich“, sagte Scm-trainer Bennet Wiegert stolz.

In Magdeburg, sagt Bundestrai­ner Alfred Gislason anerkennen­d, werde „eine überragend­e Arbeit geleistet. Sie haben die Breite und können jeden Spieler fast gleichwert­ig ersetzen“. Und so werden beim Ddr-serienmeis­ter

der 1980er-jahre fast zwangsläuf­ig Erinnerung­en an den letzten Meistertit­el 2001 wach. Ein Coup wie damals unter einem gewissen Trainer namens Gislason scheint nach dem Ausrufezei­chen von Kiel plötzlich realistisc­h.

Von einer Verschiebu­ng der Machtverhä­ltnisse im deutschen Handball gen Osten will Füchsechef Hanning aber (noch) nichts wissen. „Es ist noch gar nichts entschiede­n. Ich kann mir vorstellen, dass es bis zum Schluss spannend bleibt“, sagt Berlins Geschäftsf­ührer. In Berlin genießt man wie in Magdeburg den Moment – Hanning verspricht: „Wir wollen die großen Favoriten aus Kiel und Flensburg weiter ein bisschen ärgern.“

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FOTO: FRANK MOLTER/DPA Haben allen Grund zum Jubeln: Magdeburgs Handballtr­ainer Bennet Wiegert (Mi.) und seine Spieler nach dem Coup gegen Kiel.

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