Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Bräutelzunft ist Teil des immateriellen Kulturerbes
Die Narren dürfen sich nach einem erfolgreichen Antrag nun mit dem Siegel schmücken
- Die Bräutelzunft Scheer darf sich neuerdings offiziell als Teil des Immateriellen Unesco-kulturerbes in Deutschland verstehen und sich mit dem entsprechenden Siegel schmücken. Nachdem die schwäbisch-alemannische Fastnacht im Jahr 2014 von der Deutschen Unsesco-kommission anerkannt worden ist, können auch Zünfte diesen Titel für sich beantragen. Um das Logo „Wissen. Können. Weitergeben.“verwenden zu dürfen, muss die Zunft die 18 Kriterien eines Normen-kodex der Vereinigung Schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) erfüllen. Das dies der Fall ist, bescheinigt nun eine Urkunde, die die Verantwortlichen der Bräutelzunft beim Ringlindenmessen der Vereinigung Freier Oberschwäbischer Narrenzünfte (VFON) entgegennehmen durften.
Ein Schild mit dem Logo des Immateriellen Kulturerbes hat Thomas Eisele, der Vorsitzende der Bräutelzunft, am vergangenen Wochenende neben der Eingangstür der Zunftstube in der Hauptstraße angebracht. Beim Oha-treffen im Februar und bei der Hausfasnet sollen es alle bewundern können. „Natürlich tragen wir das Siegel mit Stolz“, sagt Zunftmeister Uwe Lang. „Es ist noch einmal etwas anderes, ob wir selbst von uns sagen, dass wir die Traditionen und das Brauchtum zur Fasnet in Scheer auf die richtige Weise pflegen und weiterführen und so einen wichtigen Beitrag zur Geschichte und Gemeinschaft im Ort beitragen, oder ob es von übergeordneter Stelle bescheinigt
wird.“Auf diesen Moment haben die Mitglieder der Bräutelzunft länger warten müssen als gedacht. Den Antrag auf Zugehörigkeit zur nationalen Liste des Immateriellen Kulturerbes hat die Zunft immerhin schon im Jahr 2019 gestellt. Dass am Ende mehr
als drei Jahre vergangen sind, bis die Freigabe erteilt und die Verleihung des Siegels stattgefunden hat, war hauptsächlich der Pandemie geschuldet. „Die Kommission braucht natürlich auch eine gewisse Zeit, die eingereichten Anträge zu überprüfen“, sagt Thomas Eisele. „Aber aufgrund der Corona-beschränkungen gab es keine öffentliche Veranstaltung, auf der die Verleihung hätte vonstatten gehen können.“
Dies wurde nun endlich Ende Dezember bei traditionellen Ringlindenmessen in Heudorf auf dem Bussen nachgeholt. Neben der Bräutelzunft bekamen auch die Zünfte aus Bad Buchau und Großenstingen die Auszeichnung verliehen. Mit Steinhilben und Obermachtal sind es im VFON nun fünf Zünfte, die das Logo verwenden dürfen.
In den Antrag hat Thomas Eisele eine Menge Arbeit gesteckt. Auf 60 Seiten hat er zusammengefasst, warum und auf welche Weise die Bräutelzunft die 18 für das Siegel notwendigen Kriterien erfüllt. Dafür hat er auf die Entstehung und Entwicklung der Bräuche und Fasnetsfiguren geblickt,
Abläufe eingeordnet, Überlieferungen und historische Quellen zitiert und das ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder in der Stadt gewürdigt.
Die deutsche Unesco-kommission hat so nicht nur davon gelesen, auf welchen Vorfall im Jahr 1827 die Figur des Mußbrenners zurückgeht (der Stadtrat, der ein Haus anzünden wollte und dabei erwischt wurde), sondern mehr über die Rußler, die Karpatschenschneller oder den Hanswurst erfahren. Zwei Gruppen, die früher zur Hausfasnet gehörten - die Geiger, die den Brauttanz spielten, und die Kinder-hofnarren-gruppe gibt es heute nicht mehr. Es wird erklärt, warum der Pfarrer die Fasnetsküchle ausgibt und woher der Kondebrunnen seinen Namen hat.
Auch, wenn sich die Bräutelzunft mit aktuell 357 Mitgliedern gerade keine Sorgen um den Nachwuchs machen muss, gehören Besuche im Kinderhaus und der Grundschule zum festen Bildungsprogramm der Zunft. „Wir erklären den Kindern die Masken und die Bräuche und wünschen uns, dass sie die Traditionen genauso weitertragen wie wir es machen“, sagt Zunftmeister Uwe Lang. Die von Thomas Eisele zusammengestellten Informationen werden übrigens über den VSAN dokumentarisch bearbeitet und auf Mikrofilm gebannt. Zusammen mit Archivmaterial
anderer Zünfte und des Rheinischen Karnevals werden sie in einem Edelstahlbehälter im Barbarastollen bei Freiburg eingelagert. Hier wird gemäß der Haager Konvention schützenswertes Kulturgut sicher aufbewahrt.