Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nur noch 100 Tage
Vor dem Start der Fußball-em in Deutschland sind die Erwartungen riesig
(SID) - Ein Leuchtfeuer in düsteren Zeiten – viel höher hätte Aleksander Ceferin die Erwartungen kaum hängen können. „Es wird eine EURO, die von Freundschaft geprägt ist und uns hilft, für eine Weile die Untergangsstimmung um uns herum und unsere ungewisse Zukunft zu vergessen“, beschrieb der Präsident der Europäischen Fußballunion (Uefa) mit großem Pathos seine Em-hoffnung.
100 Tage vor dem Start der Endrunde (14. Juni bis 14. Juli) machte die Ceferin-aussage noch einmal deutlich, dass es bei den kontinentalen Titelkämpfen in Deutschland unter dem Motto „United by Football – Vereint im Herzen Europas“längst nicht „nur“um den Sport gehen wird. Gesellschaftliche, politische und ökologische Aspekte überlagern die zweite EM auf deutschem Boden nach 1988. Das weiß auch Bernd Neuendorf. Die Menschen erleben gerade eine „multi-krisenhafte Situation, die auf die Stimmung drückt“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-bundes (DFB) mit Blick auf den Ukraine-krieg, den Nahostkonflikt und zahlreiche andere Spannungen auf der ganzen Welt. „Die Leute machen sich Sorgen. Wir sind dazu da, Freude zu bereiten, Abwechslung zu bereiten. Es wird ein großes Fest, davon bin ich überzeugt.“
Wenn dieses Vorhaben gelingen und zumindest annähernd eine Stimmung wie bei der WM 2006 entstehen soll, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Deshalb hat für Nancy Faeser die Sicherheit während der EM, die der DFB 2018 im Kampf mit dem Kontrahenten Türkei an Land gezogen hatte, höchste Priorität. „Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern bereiten sich intensiv vor“, betonte die Bundesinnenministerin. Der Fokus reiche vom Schutz vor Hooligans über Kriminalität „und extremistischen Bedrohungen bis hin zur Cybersicherheit und der Vorbereitung auf Unwetter oder andere Ereignisse“. Ziel ist der reibungslose Ablauf. „Wir werden die Fußballeuropameisterschaft zu einem sicheren Turnier machen – für alle in unserem Land und für unsere Gäste aus der ganzen Welt“, versprach Faeser. „Wir sind gut gewappnet.“
Ceferin baut darauf. Die Befürchtungen rund um seine letzte EM als UEFA-BOSS kann er aber nicht verheimlichen. Die Deutschen werden sicher „gute Organisatoren“sein, prophezeite der Slowene,
aber: „In diesen verrückten Zeiten, in denen die Welt geostrategisch verrückt spielt, ist die Sicherheit die größte Sorge.“Eine Em-qualifikation der Ukraine oder Israels über die Play-offs Ende
März würde die Lage aus Sicht Ceferins weiter verkomplizieren: „Meine Angst gilt nicht nur den Stadien, denn Stadien, da bin ich mir sicher, werden angemessen geschützt. Aber die Fans werden überall sein.“Daran führt kein Weg vorbei. Schließlich wird die UEFA bis zum Turnierstart 2,7 Millionen Tickets für die 51 Partien in zehn Stadien weltweit unter die Leute gebracht haben. Die Organisatoren rechnen damit, dass die Verkehrssysteme am Anschlag sein werden. 16.000 freiwillige Helfer sollen unter der Leitung von Turnierdirektor Philipp Lahm dafür sorgen, dass sich alle Fans wohlfühlen.
Ihr Geld dürfen die Em-touristen zwischen dem Eröffnungsspiel in München und dem Finale in Berlin natürlich auch gerne im Land lassen. Das Budget der UEFA sprengt aber auch so schon alle Rekorde. Der Finanzplan sieht Einnahmen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro und einen Gewinn von 1,2 Milliarden vor.
Ob der Auftritt der deutschen Mannschaft nach den verkorksten Turnieren der vergangenen Jahre auch zu einem Gewinn für die einheimischen Fans wird, erscheint dagegen mehr als fraglich. Neuendorf bleibt kaum mehr als Zweckoptimismus. „Mindestens das Halbfinale“sei für das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann möglich, sagte der DFB-BOSS. „Wir haben einen tollen Trainer, tolle Spieler – ich bin optimistisch, dass wir mit dem Publikum im Rücken etwas reißen können.“
100 Tage Vorbereitung bleiben ab Mittwoch noch.