Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Lebenslange Haft für tödliche Messerattacke
Landgericht fällt Urteil gegen 55-Jährigen, der in Ehingen seine Partnerin erstochen hat
- Zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe hat das Ulmer Landgericht am Montag den Mann verurteilt, der im vergangenen Sommer in Ehingen seine Partnerin erstochen hat. Auch ein Promillewert von mehr als 2,3 zur Tatzeit verhalf dem 55-Jährigen nicht zu einer milderen Strafe.
Selbst dem Verteidiger war nichts anderes übrig geblieben, als auf die härteste aller möglichen Strafen zu plädieren. Zu klar war nach der insgesamt fünftägigen Verhandlung die Beweislage, zu eindeutig auch das Ergebnis des psychiatrischen Gutachtens eines Sachverständigen, der den Prozess begleitet und sich zuvor mit dem Angeklagten mehrfach in der Haftanstalt unterhalten hatte.
Der Mann hatte die Tat auch gar nicht bestritten, allerdings behauptet, dass er sich nicht mehr genau an den Ablauf erinnern und sich auch nicht erklären könne, warum er die zwölf Jahre jüngere Frau mit mindestens drei Messerstichen getötet habe. So verschaffte sich das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Tresenreiter mithilfe teils skurriler Zeugenvernehmungen, polizeilicher Ermittlungen sowie medizinischer und forensischer Gutachten ein Bild
davon, was sich am Abend des 3. August 2023 in der Sozialunterkunft im Mühlweg zugetragen hat.
Dort hatten sich der aus Rumänien stammende Angeklagte und seine Partnerin mit russischen Wurzeln als Bewohner kennengelernt und etwa drei Jahre lang eine von reichlich Alkoholkonsum, Streit und auch gewalttätigen Auseinandersetzungen samt Versöhnungen geprägte Beziehung geführt. Von einer „Art On-offbeziehung“– bei der mal Schluss gewesen ist und mal wieder nicht – sprach die Staatsanwältin. Wie genau der Status am Tattag gewesen ist, ließ sich wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht zweifelsfrei klären. Das Gericht kam letztlich zur Erkenntnis, dass die beiden den ganzen Tag über gemeinsam mit Mitbewohnern
und Besuchern einiges getrunken hatten. Dabei kam es auch zu einem verbalen Streit zwischen den beiden, in dessen Verlauf die Frau ihren (Ex-)partner aus ihrem Zimmer im Untergeschoss der Gemeinschaftsunterkunft geworfen hat.
Der wollte das offenbar gar nicht akzeptieren, holte ein Messer mit 23 Zentimeter langer Klinge aus seinem Zimmer im zweiten Obergeschoss und sah die 43Jährige am Waschbecken in der Toilette im Erdgeschoss stehen. Er ging hinein und stach ohne Vorwarnung mindestens dreimal auf die Frau ein. Danach warf er das Messer in die Kloschüssel, ging zurück auf sein Zimmer, wechselte seine blutverschmierte Kleidung gegen neue aus, rief selbst die Polizei und wartete bei einem bis zwei Gläsern Wodka auf die Festnahme. Der Frau war nicht mehr zu helfen, sie verblutete noch am Tatort.
Er habe „einen Fehler gemacht“und wisse nicht, warum er das getan habe, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er behauptete aber auch, er habe die Frau mit den Stichen „nur erschrecken“wollen. „Zwei Stiche trafen wuchtig den Oberkörper, einer wurde erst durch die Wirbelsäule gebremst, einer durchbohrte die Milz. Wer so gegen einen Menschen vorgeht, will ihn töten“, machte der Vorsitzende Richter klar. Das Opfer habe weder mit dem Angriff rechnen noch aus der kleinen Toilette fliehen können, sei also arg- und wehrlos gewesen – eines der juristischen Merkmale für einen Mord. Die niederen Beweggründe, welche die Staatsanwältin zusätzlich ins Feld führte, wollte das Gericht nicht bestätigen. Zwar gab es Hinweise auf Eifersucht und eine
Kränkung des Angeklagten nach dem Rauswurf aus dem Zimmer der Frau, das aber reichte der Kammer nicht aus. „Wir können den Anlass für die Tat nicht sicher feststellen“, sagte Tresenreiter. Allerdings reicht schon ein erfülltes Merkmal für ein Mord-urteil aus.
Darüber hinaus erkannte das Gericht auch keinerlei Umstände, die eine verminderte Schuldfähigkeit nach sich ziehen könnten. Dabei stützt es sich auch auf die Erkenntnisse des psychiatrischen Gutachters. Der hatte anhand der Werte aus den Atemund Blutalkoholproben bei dem Angeklagten errechnet, dass dieser bei der Tat etwa 2,3 Promille hatte. Für einen „normalen“Menschen hätte das erhebliche Folgen, für einen Gewohnheitstrinker wie den Angeklagten aber nicht. So sei es kein Wunder, dass Polizei und Zeugen den Mann nach der Tat als kontrolliert, ruhig und reflektiert schilderten. Zwar sei er sicher enthemmt gewesen, aber nicht so sehr, dass dies den Ausschlag für die Tat gegeben habe. Aus der Sicht des Sachverständigen hatten Kränkung und Eifersucht einen deutlich größeren Einfluss. „Ich würde nicht so weit gehen und sagen, ohne Alkohol wäre die Tat nicht geschehen“, betonte der Sachverständige. Er stellte auch keine psychische Ausnahmesituation fest, die für eine verminderte Schuldfähigkeit spreche. Auch eine Tötung im Affekt sei nicht erkennbar, hierfür sei zu viel Zeit zwischen dem Rauswurf aus dem Zimmer und der Messerattacke vergangen.
Der Angeklagte selbst sagte vor der Urteilsverkündung wie schon zum Prozessauftakt: „Es tut mir wahnsinnig leid. Ich kann immer noch nicht begreifen, was ich getan habe. Es gab Streit, aber so etwas darf nicht passieren.“