Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Fahrschulen kämpfen gegen Vorwurf der Abzocke
Der Autoführerschein kostet heute doppelt so viel wie vor sieben Jahren - Die Gründe sind vielfältig
- Immer wieder sorgen horrende Führerscheinpreise für Schlagzeilen. Fahrschulen nennen vor allem gestiegene Kosten als Hauptfaktor. Mit einem Antrag im Bundestag will die CDU/ CSU das Problem nun lösen. Doch Fahrlehrer machen noch andere Gründe für den dramatischen Anstieg der Preise verantwortlich.
Der Führerschein als Ausdruck von Freiheit – diesen Stellenwert habe die Fahrerlaubnis heute zwar nicht mehr, sagt Michael Heinke. Er ist Inhaber der Fahrschule Heinke in Bad Buchau und spricht als Kreisvorsitzender des Fahrlehrerverbands Baden-württemberg für seine Kollegen. „Trotzdem kann von sinkender Nachfrage bei jungen Menschen keine Rede sein.“Gerade auf dem Land sei er für viele immer noch unverzichtbar. „Oft wird nicht mal nach dem Preis für den Führerschein gefragt“, so Heinke.
Wer die Kosten ausblendet, könnte am Ende der Ausbildung jedoch eine böse Überraschung erleben. Laut ADAC haben sich die durchschnittlichen Kosten für einen Führerschein der Klasse B in Deutschland seit 2017 fast verdoppelt. Je nach Region müssen Fahrschüler bis zu 4500 Euro aufbringen. Ganz so viel ist es in Bad Buchau nicht, Heinke beziffert die Kosten in seiner Fahrschule auf 2500 bis 3000 Euro.
Angefangen habe der Preisanstieg mit der Corona-pandemie, erklärt er. „Wir waren fünf Monate im Lockdown und hatten in dieser
Zeit keine Einnahmen.“Die Soforthilfen hätten zwar geholfen, seien aber spätestens mit den Rückzahlungen wieder zum Problem geworden. Dazu kämen gestiegene Fixkosten, die fast alle Privatverbraucher spürten: „Strom, Heizöl und Versicherungen, das belastet uns schon ziemlich.“Bereits der Kundendienst für einen Kompaktwagen schlage mit rund 800 Euro zu Buche. Ein fahrschultaugliches Auto sei kaum noch unter 40.000 Euro zu bekommen. „Wir müssen unsere Fahrschüler ja auch mit den neuesten
Assistenzsystemen vertraut machen“, sagt er. Viele dieser gestiegenen Kosten müssten Fahrschulen weitergeben, um noch wirtschaftlich arbeiten zu können.
Mit einem Antrag im Bundestag will die Cdu/csu-fraktion der Preisspirale nun entgegenwirken. In zwölf Punkten sollen unter anderem Engpässe bei Prüfterminen beseitigt und die Dauer zwischen Ausbildung und Prüfung verringert werden. Der Antrag sieht auch vor, den Theorieunterricht in digitaler Form zu
ermöglichen und Fahrsimulatoren zur Reduzierung von Fahrstunden einzusetzen. Mit digitalem Unterricht habe er während der Pandemie nur gute Erfahrungen gemacht, erzählt Heinke. Von Fahrsimulatoren hält er aber wenig. „Zum Einstieg können sie helfen, aber die echte Fahrt werden sie nie ersetzen und damit auch keine Fahrstunden reduzieren.“Zudem liege die Investition für ein solches Gerät bei etwa 25.000 Euro, was besonders kleinere Fahrschulen oft nicht leisten könnten.
Oft seien die Schüler auch selbst für hohe Fahrschulkosten verantwortlich, glaubt Heinke. „Ich beobachte, dass junge Leute weniger belastbar sind als früher. Manche bekommen sogar einen Blackout, wenn man ihnen Hinweise zum Einparken gibt.“Bei anderen fehle schlicht der Druck, die Prüfung zu bestehen. Das belege auch die Durchfallquote bei der Theorieprüfung von 44 Prozent in Baden-württemberg im vergangenen Jahr. „Früher mussten die Prüf linge nach drei durchgefallenen Prüfungen in Theorie und Praxis bis zum nächsten Versuch ein Vierteljahr warten. Heute kann man sich über das gesamte Jahr 26 Mal prüfen lassen.“Dass jedes Mal eine Anmeldegebühr fällig werde, spiele scheinbar keine Rolle, so Heinke. Gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass auch die Anforderungen an die Prüflinge steigen. Allein bei der theoretischen Pürfung kommen ab dem 1. April rund hundert neue Fragen dazu.
Auch der Personalmangel in den Fahrschulen beschäftigt den Fahrlehrer. Während die Nachfrage nach dem Führerschein ungebrochen groß sei, gebe es Probleme mit der Nachfolge von Fahrlehrern. „Man muss seine Ausbildung selbst finanzieren, das macht den Beruf unattraktiv.“Deshalb werde es immer mehr Probleme geben, eine Fahrschule mit genügend freien Plätzen zu finden, ist Heinke überzeugt. Auch das könne den Führerschein künftig zum Luxusgut machen.