Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wie Förster dem Wald unter die Arme greifen
Im Wald bei Grüningen pflanzen Förster gezielt seltene Gehölze – Was der Klimawandel damit zu tun hat
- Monokulturen vermeiden und Baumvielfalt fördern, dieses Ziel setzt sich der Forst BW auf den rund 320.000 Hektar Staatswald. Bei einer Pflanzaktion im Wald bei Grüningen erklärten Vertreter des größten Forstbetriebs des Landes, nach welchen Kriterien junge Bäume in Zeiten des Klimawandels gepflanzt werden.
Jedes Jahr setzen Forstwirte und ihre Mitarbeiter auf den Flächen des Staatswaldes rund 1,3 Millionen kleine Bäumchen auf einer Fläche von mehr als 600 Fußballfeldern. Damit wollen sie eine nachhaltige Holzernte sicherstellen und dafür sorgen, dass auch nachfolgende Generationen den Wald nutzen können. Für den Wald bei Grüningen bedeute je 0,3 Hektar etwa 220 Pflanzungen, erklärt Revierförster Ottmar Jochum. „Auf jedem dieser unterteilten Abschnitte pflanzen wir insgesamt zehn Baumsorten, zu denen Douglasien, Lerchen und auch die Vogelkirsche wachsen. Wir wollen damit die Baumvielfalt fördern.“Die Pflanzungen der ein bis zwei Jahre alten Sämlinge finden über den ganzen Frühling verteilt statt, was rund 600 bis 700 Arbeitsstunden benötige, so Revierleiter Jochum.
Wo es möglich sei, verwende Forst BW bei den Pflanzungen natürlich wachsende Sämlinge der Bäume, zu denen unter anderem Buche und Esche zählten, erläutert Jochum. Mit Blick auf den Klimawandel greife man jedoch zunehmend auf seltenere Gehölze zurück, die mehr Widerstandskraft versprechen. Optimal sei zwar eine natürliche Verjüngung des Waldes, in dem junge Bäume von Natur aus nachwachsen. Die sich ändernden klimatischen Bedingungen machten es jedoch nötig, einen klimastabilen Mischwald zu erbauen. „Der Buche wird es zum Beispiel bis zum Jahr 2100 zu trocken werden“, sagt er. Deshalb sei es wichtig, den Wald multifunktional aufzubauen.
„Wir müssen dem Wald unter die Arme greifen“, findet auch Försterin Eva-maria Speidel aus Langenenslingen. Dabei achte man darauf, dass möglichst heimische Gehölze zum Einsatz kommen. „Mit Baumarten aus anderen Regionen der Welt gehen wir sehr zurückhaltend um.“Vor ihrer Beimischung werden sie viele Jahre wissenschaftlich untersucht.“Dabei handele es sich vor allem um Atlas- und Libanonzeder. In den vergangenen Jahren
musste der Wald zudem unter starkem Wind und dem Borkenkäfer leiden. „Beim Borkenkäfer hatten wir bisher Glück“, sagt Speidel. Auf der Schwäbischen Alb sei die Situation im Vergleich zum Oberland nicht so schlimm, was an den Baumarten dort liege. Um trotzdem rechtzeitig reagieren zu können, sei man auch auf private Waldbesitzer angewiesen. Sie sollten vom Käfer befallene Bäume einschlagen. „Denn die ersten Borkenkäfer f liegen schon, in sechs Wochen fallen die ersten Rinden ab“, erklärt sie. Jochum fügt hinzu: „Zwei Generationen Borkenkäfer im Jahr kann der Wald verkraften.“Doch je früher es im Jahr warm wird, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass eine dritte Generation nachkomme. „Und dann wird es problematisch.“
Forst BW ist ein eigenständiges Unternehmen und trägt Verantwortung für die Bewirtschaftung von über 320.000 Hektar Staatswald.
Das entspricht dem Viertel der Waldf läche Baden-württembergs. Forstbw ist damit der größte Forstbetrieb des Landes und beschäftigt 1800 Mitarbeiter. Der Forstbezirk Mittlere Alb mit Dienstsitz in Münsingen ist einer von 21 Forstbezirken im Land, er bewirtschaftet und betreut in zehn Forstrevieren 14.300 Hektar Staatswaldflächen. Die Walddistrikte sind ungefähr im Dreieck Rottenburg, Riedlingen und Wiesensteig am Albaufstieg gelegen.