Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Genussmanufaktur will gemeinsam Stärke zeigen
Genussbotschafter stellen ihr Leuchtturmprojekt vor – Es braucht weitere Anteilszeichner
- Eine historische Scheune im Herzen von Riedlingen zu einem Leuchtturm mit Strahlkraft zu machen, haben sich 35 engagierte Genussbotschafter zum Ziel gesetzt. Am Mittwochabend boten sie Informationen, Auf klärung und weckten Begeisterung für die Genussmanufaktur, die zur Stadtbelebung beitragen soll. Zur Gründung einer Genossenschaft braucht es noch mehr Engagierte und künftige Genossen. Das Interesse an den Informationen war hoch, die Halle war voll. 21 Besucher unterzeichneten an dem Abend eine Absichtserklärung.
Am Anfang sei eine Idee gewesen, die sich durch Kreativität, Geist und Engagement weiterentwickelte, eröffnete Genussbotschafter Reiner Henn. Der Abend diene dazu, den Zukunftstraum mit Daten, Zahlen und Fakten zu untermauern und voranzubringen. Als Moderator führte Christian Helfert durchs Programm, der „informieren, aufklären und auch ein wenig begeistern“wollte.
Die Initiative zur Belebung ist vor einigen Jahren von der Stadt angestoßen worden. Der Gemeinderat habe erkannt, dass man in der Altstadt etwas tun müsse, sagte Bürgermeister Marcus Schafft. „Eine Genussmanufaktur kann ein Leuchtturm werden, der eine ganze Region präsentiert.“Wirtschaftsförderin Tamara Ortmann informierte über die Zusammenhänge zwischen Genussstadt an der Donau und der Manufaktur. „Das alles soll die Innenstadt attraktiver machen.“Man habe bereits jetzt Gaumengenuss durch die Restaurants, Kulturgenuss durch zahlreiche Veranstaltungen, Naturgenuss mit Misse und Donauinsel oder Bildungsgenuss. Die Genussmanufaktur sei da die logische Konsequenz, so die Wirtschaftsförderin. Im Zentrum verschiedener Projekte, die Wasser in die Stadt bringen wollen oder die Plätze in der Altstadt umgestalten, sieht sie das Vorhaben.
Architekt Peter Klingler nahm die Besucher auf einen baugeschichtlichen Spaziergang durch die Scheuer mit und unterbreitete seine Detailplanungen. Am Herzen liegt ihm, den Charakter der Scheuer zu erhalten und möglichst viel Fläche für verschiedene Manufakturen auf zwei Ebenen zu schaffen. Dabei soll es transparent und durchlässig werden. Ein Aufzug und behindertengerechte Einrichtungen machen den Besuch der Manufaktur auch für Menschen mit Einschränkungen möglich. Der erste Keller könne
Veranstaltungen dienen, über eine Bodenluke wäre der zweite Keller erreichbar. Klingler rechnet die Kosten zwischen 2 und 2,5 Millionen Euro, sieht aber Einsparpotenzial. Mit ehrenamtlichem Engagement könnte man unter 2 Millionen Euro bleiben. „Der wichtigste Beitrag ist die Million, die durch die Genossen reinkommen soll“, so Klingler. Caterina Perfetto erklärte die Möglichkeiten eines Flächen-sharings, die Flexibilität bei der Fläche und Nutzungsmöglichkeit durch alle Bürger, Unternehmen oder Vereine der Region. Die Scheuer biete 700 Quadratmeter Fläche, davon seien 350 Quadratmeter reine Manufakturenf läche und 100 Quadratmeter im ersten Kellergeschoss als Eventlocation.
Bevor über Baubeginn oder Fertigstellung geredet werden kann, muss eine Genossenschaft gegründet werden. Zirka 400 Absichtserklärungen liegen vor, 600 fehlen noch. Ein Ruck müsse jetzt durch die Bürger gehen, sagte Klingler. Nach der Gründung der Genossenschaft könnte der Bauantrag gestellt werden. Die Bauzeit
liege bei 15 bis 18 Monaten. Eine Fertigstellung wäre Ende 2026 möglich. Nico Geiselhart, Projektentwickler eines großen Bauträgers, sieht bei Vollbelegung eine Jahresmiete von 50.000 Euro. „Die Mieten sollen im Rahmen der üblichen Marktmieten bleiben“, sagte der Genussbotschafter. Er rechnet mit einem Quadratmeterpreis von zehn bis 15 Euro für die Manufaktur, abhängig von der Fläche, der Mietdauer und der Lage. Für die gemeinschaftlich genutzten Flächen wie WC, Personalräume und
Erschließungsflächen entstehen den Mietern keine Mehrkosten. Albert Schwarz, Vorstandssprecher der Vr-bank Riedlingen-federsee, erläuterte, welche Sicherheiten in einer Genossenschaft stecken. 100-prozentige Sicherheit gebe es zwar nicht, aber das Gebäude stünde im Eigentum der Genossenschaft. Eigenleistungen und Fördermittel führten zu einer Wertsteigerung. Schwarz zeigte sich überzeugt von dem Modell. Peter Baader, Geschäftsführer der Zwiefalter Klosterbräu, erläuterte den Erfolg des
Zwiefalter Bierhimmels. 2007 wurde er eröffnet, um Bier erlebbar zu machen. Im Bierhimmel kann der Gerstensaft selbst hergestellt werden, Brauereibesichtigungen, Bierwanderungen und einiges mehr tragen zum Erfolg bei. Dazu komme ein eigener Fanshop, die Lokalität mit Hofladen und die Infostelle für den Tourismus. „Bei uns wird nicht der Wocheneinkauf getätigt“, sagte Baader und empfahl, Emotionen zu verkaufen. Wegen der fortgeschrittenen Stunden wurden weitere Fragen der Besucher direkt an den Informationsständen beantwortet.
Werner Binder, Bürgermeister von Uttenweiler und einer der Stellvertreter des Landrats, hatte das Schlusswort. Er weckte Emotionen mit seiner Erinnerung, wie er als kleiner Junge mit seiner Mutter zum Einkaufen in die Stadt kam und als junger Mann mit dem Auto um den Stock fuhr. Er steht hinter der Idee und sieht die Genussmanufaktur als Vorzeigeprojekt für die ganze Raumschaft. „Es liegt an uns, dieses Projekt auf den Weg zu bringen.“