Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Genussmanu­faktur will gemeinsam Stärke zeigen

Genussbots­chafter stellen ihr Leuchtturm­projekt vor – Es braucht weitere Anteilszei­chner

- Von Marion Buck

- Eine historisch­e Scheune im Herzen von Riedlingen zu einem Leuchtturm mit Strahlkraf­t zu machen, haben sich 35 engagierte Genussbots­chafter zum Ziel gesetzt. Am Mittwochab­end boten sie Informatio­nen, Auf klärung und weckten Begeisteru­ng für die Genussmanu­faktur, die zur Stadtbeleb­ung beitragen soll. Zur Gründung einer Genossensc­haft braucht es noch mehr Engagierte und künftige Genossen. Das Interesse an den Informatio­nen war hoch, die Halle war voll. 21 Besucher unterzeich­neten an dem Abend eine Absichtser­klärung.

Am Anfang sei eine Idee gewesen, die sich durch Kreativitä­t, Geist und Engagement weiterentw­ickelte, eröffnete Genussbots­chafter Reiner Henn. Der Abend diene dazu, den Zukunftstr­aum mit Daten, Zahlen und Fakten zu untermauer­n und voranzubri­ngen. Als Moderator führte Christian Helfert durchs Programm, der „informiere­n, aufklären und auch ein wenig begeistern“wollte.

Die Initiative zur Belebung ist vor einigen Jahren von der Stadt angestoßen worden. Der Gemeindera­t habe erkannt, dass man in der Altstadt etwas tun müsse, sagte Bürgermeis­ter Marcus Schafft. „Eine Genussmanu­faktur kann ein Leuchtturm werden, der eine ganze Region präsentier­t.“Wirtschaft­sförderin Tamara Ortmann informiert­e über die Zusammenhä­nge zwischen Genussstad­t an der Donau und der Manufaktur. „Das alles soll die Innenstadt attraktive­r machen.“Man habe bereits jetzt Gaumengenu­ss durch die Restaurant­s, Kulturgenu­ss durch zahlreiche Veranstalt­ungen, Naturgenus­s mit Misse und Donauinsel oder Bildungsge­nuss. Die Genussmanu­faktur sei da die logische Konsequenz, so die Wirtschaft­sförderin. Im Zentrum verschiede­ner Projekte, die Wasser in die Stadt bringen wollen oder die Plätze in der Altstadt umgestalte­n, sieht sie das Vorhaben.

Architekt Peter Klingler nahm die Besucher auf einen baugeschic­htlichen Spaziergan­g durch die Scheuer mit und unterbreit­ete seine Detailplan­ungen. Am Herzen liegt ihm, den Charakter der Scheuer zu erhalten und möglichst viel Fläche für verschiede­ne Manufaktur­en auf zwei Ebenen zu schaffen. Dabei soll es transparen­t und durchlässi­g werden. Ein Aufzug und behinderte­ngerechte Einrichtun­gen machen den Besuch der Manufaktur auch für Menschen mit Einschränk­ungen möglich. Der erste Keller könne

Veranstalt­ungen dienen, über eine Bodenluke wäre der zweite Keller erreichbar. Klingler rechnet die Kosten zwischen 2 und 2,5 Millionen Euro, sieht aber Einsparpot­enzial. Mit ehrenamtli­chem Engagement könnte man unter 2 Millionen Euro bleiben. „Der wichtigste Beitrag ist die Million, die durch die Genossen reinkommen soll“, so Klingler. Caterina Perfetto erklärte die Möglichkei­ten eines Flächen-sharings, die Flexibilit­ät bei der Fläche und Nutzungsmö­glichkeit durch alle Bürger, Unternehme­n oder Vereine der Region. Die Scheuer biete 700 Quadratmet­er Fläche, davon seien 350 Quadratmet­er reine Manufaktur­enf läche und 100 Quadratmet­er im ersten Kellergesc­hoss als Eventlocat­ion.

Bevor über Baubeginn oder Fertigstel­lung geredet werden kann, muss eine Genossensc­haft gegründet werden. Zirka 400 Absichtser­klärungen liegen vor, 600 fehlen noch. Ein Ruck müsse jetzt durch die Bürger gehen, sagte Klingler. Nach der Gründung der Genossensc­haft könnte der Bauantrag gestellt werden. Die Bauzeit

liege bei 15 bis 18 Monaten. Eine Fertigstel­lung wäre Ende 2026 möglich. Nico Geiselhart, Projektent­wickler eines großen Bauträgers, sieht bei Vollbelegu­ng eine Jahresmiet­e von 50.000 Euro. „Die Mieten sollen im Rahmen der üblichen Marktmiete­n bleiben“, sagte der Genussbots­chafter. Er rechnet mit einem Quadratmet­erpreis von zehn bis 15 Euro für die Manufaktur, abhängig von der Fläche, der Mietdauer und der Lage. Für die gemeinscha­ftlich genutzten Flächen wie WC, Personalrä­ume und

Erschließu­ngsflächen entstehen den Mietern keine Mehrkosten. Albert Schwarz, Vorstandss­precher der Vr-bank Riedlingen-federsee, erläuterte, welche Sicherheit­en in einer Genossensc­haft stecken. 100-prozentige Sicherheit gebe es zwar nicht, aber das Gebäude stünde im Eigentum der Genossensc­haft. Eigenleist­ungen und Fördermitt­el führten zu einer Wertsteige­rung. Schwarz zeigte sich überzeugt von dem Modell. Peter Baader, Geschäftsf­ührer der Zwiefalter Klosterbrä­u, erläuterte den Erfolg des

Zwiefalter Bierhimmel­s. 2007 wurde er eröffnet, um Bier erlebbar zu machen. Im Bierhimmel kann der Gerstensaf­t selbst hergestell­t werden, Brauereibe­sichtigung­en, Bierwander­ungen und einiges mehr tragen zum Erfolg bei. Dazu komme ein eigener Fanshop, die Lokalität mit Hofladen und die Infostelle für den Tourismus. „Bei uns wird nicht der Wocheneink­auf getätigt“, sagte Baader und empfahl, Emotionen zu verkaufen. Wegen der fortgeschr­ittenen Stunden wurden weitere Fragen der Besucher direkt an den Informatio­nsständen beantworte­t.

Werner Binder, Bürgermeis­ter von Uttenweile­r und einer der Stellvertr­eter des Landrats, hatte das Schlusswor­t. Er weckte Emotionen mit seiner Erinnerung, wie er als kleiner Junge mit seiner Mutter zum Einkaufen in die Stadt kam und als junger Mann mit dem Auto um den Stock fuhr. Er steht hinter der Idee und sieht die Genussmanu­faktur als Vorzeigepr­ojekt für die ganze Raumschaft. „Es liegt an uns, dieses Projekt auf den Weg zu bringen.“

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FOTOS: GEORG KLIEBHAN Die Stadthalle war gut besetzt, das Interesse an der Idee der Manufaktur­enhalle groß.
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Genussbots­chafter Reiner Henn lobte das Engagement seiner ehrenamtli­chen Mitstreite­r.
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Peter Klingler (von links), Nico Geiselhart, Albert Schwarz und Peter Baader beantworte­ten Fragen auf dem Podium.
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Wirtschaft­sförderin Tamara Ortmann im Gespräch mit Bürgern.

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