Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Menschen für die Gastronomie gewinnen
Kompaktkurs der VHS in Zusammenarbeit mit „1:1 – Mensch zu Mensch“kommt gut an
- Im Gastgewerbe fehlt es an qualifiziertem Personal. In zahlreichen Restaurants, Cafés und Hotels ist das spürbar. Immer häufiger gibt es Ruhetage, ein abgespecktes Angebot und auch Lücken im Service. Nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga fehlte es in der Gastronomie in Deutschland Ende des Jahres 2023 an mehr als 65.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Doch auf der anderen Seite gibt es Menschen, die Lust hätten, in einen Gastrojob einzusteigen. Doch oftmals wissen sie nicht wie. In Biberach gab es deshalb kürzlich einen kostenlosen Kompaktkurs mit Profis, der den Teilnehmenden einen Weg in die Gastronomie aufzeigte.
Veranstaltet wurde das kostenlose Angebot von der Volkshochschule Biberach und dem Integrationsfonds „1:1 – Mensch zu Mensch“gemeinsam mit Experten aus der Biberacher Gastrobranche. Sechs Frauen und ein Mann ließen sich auf das Angebot ein und absolvierten einen eintägigen Theoriekurs an der VHS mit Simone Göpper und Sonja Schelkle. Wenige Tage später ging es in die Praxis. Im Restaurant „Esszimmer“in Mittelbiberach konnten sich die sieben Teilnehmenden ausprobieren und wurden von Sarah Kaiser vom Esszimmer und Simone Göpper, ehemalige Biberkeller-chefin, angeleitet.
„Insgesamt war es sehr inspirierend und eine große Leistung, wie die Gruppe gemeinsam gearbeitet hat“, sagt Simone Göpper. „Es war ein Tag mit viel Inhalt, Wertschätzung und gemeinsamer Arbeit auf allen Seiten.“Und so sollte das auch sein: „Wir wollen mit diesem Kurs einen unkomplizierten Einstieg ermöglichen“, sagt auch Effi Holland, Leiterin der Volkshochschule. Es
sollte darum gehen, etwaige Schwellenängste zu senken und ein zwangloses Ausprobieren zu ermöglichen. Angesprochen waren Seiten- oder Wiedereinsteiger, Menschen auf Suche nach einem Job oder Nebenjob in Café, Kneipe, Kantine, Restaurant oder Biergarten.
Eine der Teilnehmerinnen war Johanna Rieber, sie ist durch Zufall auf den Kurs aufmerksam geworden. „Ich wollte mir das einfach mal anschauen, um einen richtigen Einblick in die Gastronomie zu bekommen“, sagt die 22-jährige Biberacherin. „Der Kurs war auch richtig cool, ich habe sehr viel mitgenommen.“Aktuell überlegt sie noch, wie es für sie weitergeht. „Ich könnte mir
aber schon einen Minijob in diesem Bereich vorstellen.“Schließlich würde man in der Gastro aktuell immer einen Job finden.
„Ich glaube schon, dass es so eine Brücke in diese Arbeitswelt braucht“, sagt Simone Göpper. „Auch auf Arbeitgeber-seite ist mehr Engagement gefragt, eine große Aufgabe in den seit Jahren herausfordernden Zeiten für die Gastronomen.“Denn klar sei, in der Gastro fehle es an Personal und deshalb müsse man künftig auch Menschen die Chance geben, als Quereinsteiger loslegen zu können. Vor allem für Menschen mit Migrationshintergrund sei diese Hürde nicht so leicht zu überwinden: „Im Kurs waren unter anderem zwei Frauen aus Syrien, die hoch motiviert sind und gerne arbeiten wollen. Ich hoffe, wir konnten sie ein bisschen an die Hand nehmen.“
Im Vorfeld des Kurses hatte Simone Göpper ihre Kontakte spielen lassen und bereits zehn Biberacher Betriebe gefunden, bei denen sich die Teilnehmenden nach dem Kurs um ein Schnupperpraktikum bewerben können. „Für uns ist es wichtig, dass es nach dem Kurs weitergeht“, so die Exbiberkeller-chefin. „Aber dafür müssen die Teilnehmenden auch ein bisschen Eigeninitiative ergreifen und eine Bewerbung schreiben.“Allein gelassen werden sie damit aber nicht. Wenn sie Hilfe benötigen, könnten sie
sich jederzeit an die Mitarbeiter des Projekts „Papierfrieden“des Integrationsfonds „1:1 – Mensch zu Mensch“wenden.
Für Thomas Fettback, ehemaliger Biberacher Oberbürgermeister und Mitgründer des Integrationsfonds, sind solche Angebote und Kurse Gold wert: „Ich habe festgestellt, dass jegliche Art von niederschwelligen Qualifikationen Leute in Arbeit bringen können.“In Bezug auf den Gastrokurs sei es auf jeden Fall eine Win-win-situation. „In der Gastro fehlt es an helfenden Händen und auf der anderen Seite können Berufseinsteiger, Quereinsteiger oder auch Minijobber hier einen wichtigen Beitrag leisten“, so Thomas Fettback. Und wenn nur die Hälfte der Teilnehmer sich für einen Job in der Gastro entscheiden würde, sei damit schon viel gewonnen.
Aktuell laufen die Nachbereitungen zum Kurs und gleichzeitig gibt es Gespräche mit der VHS, inwiefern es im Herbst eine weitere Auf lage des Angebots geben kann, um noch mehr Menschen, die Lust haben, in der Gastronomie tätig zu werden, den Einstieg zu erleichtern. „Es ist wirklich ein gutes und niederschwelliges Angebot“, sagt Simone Göpper. „Wir sind voller Motivation aus dem Kurs herausgekommen und begeistert, was in so kurzer Zeit möglich ist. Ich bin auch wirklich berührt von dieser schönen Erfahrung.“
„Wir sind voller Motivation aus dem Kurs herausgekommen und begeistert, was in so kurzer Zeit möglich ist.“
Simone Göpper