Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Industrie sieht sich herausgefordert
Siemens-Chef hält Digitalisierung für „Schicksalsfrage“– Hannover Messe eröffnet
HANNOVER (sz) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Sonntag gemeinsam mit dem indischen Premierminister Narendra Modi die Hannover Messe eröffnet. Dabei lobte Modi den Schulterschluss mit Deutschlands Wirtschaft: „Deutschland hat mehr gemacht als jedes andere westliche Land, um Indiens Wirtschaft zu erschließen.“Indien ist diesmal das Partnerland der weltgrößten Industrieschau mit gut 6500 Ausstellern aus rund 70 Ländern.
Die Messe blickt auf die Fabrik der Zukunft, bei der Maschinen miteinander vernetzt sind. Smarte Anlagen und intelligente Maschinenparks gelten als die vierte industrielle Revolution nach Dampfmaschine, Massenproduktion und Automation. In Deutschland hat sich für diese Entwicklung der Begriff „Industrie 4.0“eingebürgert.
Vor Beginn der Messe hob Siemens-Chef Joe Kaeser die Bedeutung der Digitalisierung für den Industriestandort Deutschland hervor. „Industrie 4.0 ist die Schicksalsfrage der deutschen Industrie, die sie aber global beantworten muss“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Es gehe darum, die technologische Führerschaft und Vordenkerrolle in der industriellen Produktion zu verteidigen. „Indus- trie 4.0 ist eine Revolution, die die 2020er-Jahre bestimmen wird. Sie wird ganze Geschäftsmodelle und die Industrie weltweit verändern.“
Das Wissen um die Digitalisierung in der Industrie muss nach Einschätzung von Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) noch stärker mit kleinen und mittelständischen Firmen geteilt werden. „Es ist wichtig, dass Erkenntnisse zu neuen Produktionsmethoden möglichst schnell und zielgerichtet an kleine und mittlere Unternehmen weitergegeben werden“, sagte Schmid. Der Südwesten sei dank der wirtschaftsnahen Forschungseinrich- tungen, Kammern, Verbände und zahlreicher Clusternetzwerke sehr gut aufgestellt. „Der Transfer funktioniert. Doch es gibt nichts, was man nicht noch weiter optimieren könnte.“Allerdings sieht Schmid auch Risiken – insbesondere im Maschinenbau.
Die wachsende Digitalisierung der Industrie wird nach Einschätzung der Boston Consulting Group (BCG) in den kommenden zehn Jahren etwa 30 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Dadurch könnten 390 000 neue Arbeitsplätze entstehen, wie es in der vergangene Woche veröffentlichten Studie hieß. LEITARTIKEL