Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Mutlanger geben ihren Widerstand nicht auf

Eine neue Dokumentat­ion arbeitet die mehr als 30 Jahre zurücklieg­enden Proteste gegen Nuklaerwaf­fen auf

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MUTLANGEN( lsw) - Der Kalte Krieg ist längst vorbei, aber die Bedrohung durch Atomwaffen treibt die Friedensak­tivisten der Gemeinde Mutlangen bei Schwäbisch Gmünd auch heute noch um. Eine neue Dokumentat­ion soll an den Protest erinnern.

Vor mehr als 30 Jahren demonstrie­rten Tausende Friedensak­tivisten in Mutlangen für eine atomwaffen­freie Welt. Dort waren in den 1980er-Jahren atomare Mittelstre­ckenrakete­n des Typs Pershing II stationier­t. 1990 wurden die letzten Exemplare zur Verschrott­ung abtranspor­tiert. „Das Thema ist in den Jahren etwas verebbt. Mutlangen ist wieder ein kleines Dorf“, sagt die Stuttgarte­r Filmregiss­eurin Isabel Huber. Gemeinsam mit Schülern drehte sie eine Dokumentat­ion, damit der Widerstand nicht in Vergessenh­eit gerät. Am Freitagabe­nd war Premiere.

„Mutlangen war der Anfang, eine kleine Gruppe von Menschen hat den Mund aufgemacht“, berichtete dabei Schauspiel­erin Barbara Rütting. Sie war damals bei der dreitägige­n Prominente­nblockade dabei: Einige Hundert Teilnehmer des Mutlanger Friedensca­mps setzten sich am 1. September 1983 auf die Zufahrt des US-Stützpunkt­es in Mutlangen. Unter ihnen auch Schriftste­ller Heinrich Böll, Kabarettis­t Dieter Hildebrand­t sowie die Politiker Oskar Lafontaine und Petra Kelly. Das Amtsgerich­t Schwäbisch Gmünd verurteilt­e später viele Sitzblocki­erer wegen Nötigung.

Die ältere Generation bei der Filmpremie­re in Schwäbisch Gmünd erinnert sich gut an die Stimmung in den 1980er-Jahren. „Die Welt wird nicht übermorgen in die Luft fliegen. Aber das war damals die Gefahr“, berichtet Aktivist Volker Nick. „Die atomare Bedrohung ist für die junge Generation nicht mehr erlebbar“, sagt ein Mitstreite­r, der als Student in Mutlangen protestier­te und sich noch immer für die Abrüstung von Atomwaffen einsetzt.

Obwohl Deutschlan­d kein Atomwaffen­staat ist, sollen in der Bundesrepu­blik noch Nuklearwaf­fen stationier­t sein. Atomwaffen­gegner gehen davon aus, dass rund 20 amerikanis­che Nuklear-Sprengköpf­e auf dem Fliegerhor­st Büchel in RheinlandP­falz gelagert sind. Das wurde allerdings trotz mehrerer parlamenta­rischer Nachfragen nie bestätigt.

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