Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein Händedruck für die Geschichte
Staatschefs der USA und Kubas reichten sich beim Amerika-Gipfel die Hand – Kritische Töne von Venezuela
PANAMA-STADT - Man kann nicht sagen, dass den beiden Protagonisten die Geste leicht von der Hand ging. Es war kurz nach 19.30 Uhr am Freitag, als Barack Obama im Tagungszentrum Atlapa auf Raúl Castro zuging. Die Präsidenten hatten gerade die Begrüßungszeremonie für diesen siebten Amerika-Gipfel hinter sich gebracht. Und nun erwartete die Welt das, was ihr versprochen wurde.
Obama und Castro sehen sich in die Augen, ringen sich ein Lächeln ab, das mehr sauer als süß ausfällt, und reichen sich die Hand, schütteln sie ein paar Mal. Einige Sekunden dauert die geschichtsträchtige Geste, die sich künftig in allen Erzählungen wiederfinden wird, in denen es um diesen anachronistischen Konflikt geht, der Kuba und die USA und damit auch ganz Amerika seit Jahren trennt. Sie tauschen ein Lächeln aus. Dann gehen sie zu ihren Plätzen.
Mehr als eine Stunde saßen am folgenden Tag die beiden Männer zusammen, deren Länder sich noch bis vor kurzem spinnefeind waren. Aber es war dieser Händedruck, der endgültig zeigt, dass auch der Kalte Krieg in Lateinamerika ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Berliner Mauer ein Ende gefunden hat. „Ich will keine Kämpfe mehr weiterkämpfen, die begannen, bevor ich geboren wurde“, sagte Obama am Samstag. Es war vielleicht der sympathischste und ehrlichste Satz auf diesem Gipfel der warmen Worte, zu dem sich das zweitägige Treffen der 35 amerikanischen Staats- und Regierungschefs entwickelt hatte.
Wenige Minuten später durfte Raúl Castro sprechen. Es sollte eine bemerkenswerte Rede werden, ehrlich, bewegt, wütend und überlang. Der kubanische Staatschef überzog seine geplanten acht Minuten Rede- zeit um eine ganze Dreiviertelstunde und entschuldigte sich schon zu Beginn seines Auftritts dafür: „Ihr schuldet mir sechs Gipfel, also werde ich ein wenig überziehen.“Castro dankte Obama und nannte ihn einen ehrlichen Politiker, der nicht verantwortlich sei für die aggressive Politik gegen sein Land. Wer hätte noch vor Monaten gedacht, dass solche Sätze eines Tages möglich sein könnten zwischen Kuba und den USA.
Nur einer schien bei dem Gipfel der Freundlichkeiten nicht mitmachen zu wollen. Nicolás Maduro, Venezuelas Staatschef, übernahm die Rolle des Spielverderbers. Maduro warf den USA eine „Kriegsmaschinerie“vor, weil er die Supermacht verdächtigt, ihn mit Hilfe von eingeschleusten Spionen stürzen zu wollen. Er legte auf dem Spitzentreffen eine Liste mit angeblich freiwillig gesammelten 13 Millionen Unterschriften von Venezolanern vor, die gegen den „imperialistischen Wirtschaftskrieg der USA“protestieren.