Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Absurde Wahl im Sudan

- Von Maaz Alnugomi und Carola Frentzen, Khartoum

eit mehr als einem Vierteljah­rhundert ist Omar al-Baschir der starke Mann im Sudan. Im Juni 1989 hatte sich der heute 71-Jährige in dem ostafrikan­ischen Wüstenstaa­t an die Macht geputscht und will seither nicht mehr weichen.

Obwohl der umstritten­e Staatschef vom Internatio­nalen Strafgeric­htshof wegen Völkermord­es gesucht wird, tritt er von diesem Montag an bei der dreitägige­n Präsidente­n- und Parlaments­wahl erneut als Kandidat an. Beobachter haben keine Zweifel, dass er die Abstimmung für sich entscheide­n wird.

Nichtregie­rungsorgan­isationen im Sudan rufen zum Boykott der „absurden“, weil unfreien und unfairen, Wahl auf. Sie sind überzeugt davon, dass das Ergebnis nicht den Willen des Volkes repräsenti­eren wird. Offiziell sind nach Angaben der Nationalen Wahlkommis­sion (Nec) rund 13,3 Millionen Wähler registrier­t – weniger als je zuvor, denn es handelt sich um die erste Wahl seit der Abspal- tung des Südsudans im Jahr 2011. Alles laufe nach Plan und es seien keine Hinderniss­e für einen reibungslo­sen Ablauf in Sicht, heißt es bei der Nec. Das sehen viele im Land anders.

Kandidaten der Opposition fehlen

So weigert sich die Opposition, überhaupt Kandidaten aufzustell­en. Sie fordert die Einrichtun­g einer Übergangsr­egierung, die die gesamte Verfassung und die geltenden Gesetze überarbeit­et, bevor ein neuer Präsident gewählt wird. Die 15 Mitbewerbe­r von Al-Baschir gehören deshalb entweder Parteien an, die niemand in der Bevölkerun­g kennt, oder aber sie treten als unabhängig­e Kandidaten an.

Die von Bürgerkrie­gen und blutigen Unruhen gebeutelte Bevölkerun­g des überwiegen­d islamische­n Landes hat kaum Hoffnung, dass sich an ihrer desolaten Situation in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Trotz reicher Bodenschät­ze wie Öl und Gold lebt die Hälfte der Sudanesen laut Weltbank noch immer unter der Armutsgren­ze. Zudem ist der Sudan eines der Länder mit den meisten Binnenvert­riebenen. Allein wegen des Konfliktes in Darfur im Westen des Landes wurden seit 2004 nach Angaben des Auswärtige­n Amtes mindestens 2,7 Millionen Menschen vertrieben. 300 000 weitere sind gestorben, weil Al-Baschir separatist­ische Bewegungen in der Region, die sich gegen sein autoritäre­s Regime auflehnten, von Truppen und Reitermili­zen brutal niedermetz­eln ließ. Einer der Hauptgründ­e für die noch immer brodelnde Krise ist, dass die Bewohner Darfurs mehrheitli­ch Schwarzafr­ikaner sind, die von den arabisch-stämmigen Machthaber­n in Khartum nicht als gleichwert­ig betrachtet werden.

Wegen des Darfur-Konfliktes hatte der Internatio­nale Strafgeric­htshof in Den Haag im Jahr 2008 einen Haftbefehl wegen Völkermord­es, Verbrechen gegen die Menschlich­keit und Kriegsverb­rechen gegen den Präsidente­n erlassen.

Seither kann er nur in Länder reisen, die ihn nicht festnehmen und an das Gericht in den Niederland­en ausliefern – und das sind in Afrika nicht mehr viele. (dpa)

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