Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Heimat verbunden und doch kein Heimatmaler
Kunststiftung Hohenkarpfen präsentiert den Schweizer Maler Carl Roesch
HAUSEN OB VERENA - Seit jeher hat die Kunststiftung Hohenkarpfen die verdienstvolle Aufgabe übernommen, unbekannte Künstler aus dem Südwesten und den angrenzenden Regionen zu entdecken. Das gilt auch für die derzeitige Frühjahrsausstellung, die dem Schweizer Maler Carl Roesch gewidmet ist.
Ein Schweizer Maler mit deutschen Wurzeln: Roesch wurde 1884 als Kind deutscher Eltern in Gailingen geboren, wuchs aber im Schweizer Ort Diessenhofen im Thurgau auf, wo er nach Lehr- und Wanderjahren bis zu seinem Tod lebte. Zwei Lehren brach der junge Carl ab, aus gesundheitlichen Gründen – um 95 Jahre alt zu werden, als er 1979 starb.
Und um ein Künstler zu werden, der so gar nicht dem Klischee des ar- men Poeten entspricht – Roesch war von jungen Jahren an erfolgreich, zumindest in seinem Heimatland. Höhepunkt seiner Karriere war die Teilnahme an der Weltausstellung 1937 in Paris. Roesch war produktiv, sein OEuvre umfasst annähernd 100 Ölbilder, 350 Aquarelle und Pastelle und rund tausend Zeichnungen, dazu kommen ein paar Mosaike und Glasbilder. Werke von ihm sind nach wie vor in Thurgau, Schaffhausen, Zürich und natürlich in Diessenhofen öffentlich zu sehen.
Erste Retrospektive in Deutschland
Sein Nachlass ging in eine Stiftung über, die ein Neffe des kinderlosen Künstlers 2001 gründete; die Stiftung wiederum überließ den Werke-Korpus dem Kanton Thurgau, der ihn im Kunstmuseum in der Kartause Ittingen wissenschaftlich aufarbeiten und sichern ließ. Daraus ging eine sorgfältige Inventarisierung hervor, die ihrerseits Grundlage für eine große Retrospektive 2006 in Thurgau bildete. Er gilt als einer der wichtigsten Maler der Schweiz im 20. Jahrhundert.
Jetzt also zeigt das Kunstmuseum auf dem idyllischen Hohenkarpfen Roeschs Bilder, die erste Retrospektive in Deutschland. Und sie lässt einen Maler entdecken, der ebenso in seiner Heimat verankert wie weltoffen war. Ausgebildet in Winterthur, Karlsruhe und München setzte er sich Zeit seines Lebens mit den prägenden Künstlern des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts auseinander, mit Picasso, mit Matisse und Cézanne, mit dem Expressionismus; gerade Cézanne hinterließ auch sichtbare Spuren in Roeschs Werk, wie der Hohenkarpfen zeigt.
Die Motive seiner Bilder waren breit gestreut: Portraits, Landschaften, die immer mehr der Abstraktion entgegenstreben, Motive aus dem Hegau, dem Thurgau, vom Rhein, Szenen ländlichen Lebens – immer wieder bildet er Frauen bei Arbeit auf dem Feld ab, bei der Ernte, beim Plausch, auf dem Ochsenkarren sitzend, stets mit Kopftuch und Schürze. Aber auch Tennisspielerinnen beim fröhlichen Doppel sind zu sehen, oder seine Frau Margrit, die ihm eine wichtige Muse war und ihm neue Wege aufzeigte.