Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bundesanleihen – Was tun mit üppigen Kursgewinnen?
Halten oder verkaufen? Dann stellt sich die Frage, wo das Vermögen am besten aufgehoben ist
MÜNCHEN - Viele Privatanleger haben Bundesanleihen im Depot. Deren Kurse steigen seit Jahren spürbar, vor allem wenn es langlaufende Papiere sind, die erst in etlichen Jahren fällig werden. Investoren stehen somit vor der Frage: Sollen sie die Papiere weiter halten oder zumindest teilweise verkaufen? Und wie lassen sich die Erlöse sinnvoll anlegen: in Aktien, in Gold – oder in Immobilienfonds?
Ein eher extremes Beispiel verdeutlicht gut die Dimension, um die es geht: Wer im Januar 2000 eine 30jährige Bundesanleihe mit einer Verzinsung von 6,25 Prozent erworben hat (WKN: 113514), hat in den vergangenen 15 Jahren 93,75 Prozent an Kuponzahlungen erhalten. Der Kurs dieser Anleihe steht jetzt bei knapp 185 Prozent, was bedeutet: Zu den Zinszahlungen kommen derzeit Kursgewinne in fast gleicher Höhe.
Der Anleger steht nun vor der Wahl: Hält er die Anleihe mit ihrem satten Kupon bis zur Fälligkeit am 4. Januar 2030 – oder streicht er schon heute den üppigen Kursgewinn durch Veräußerung des Papiers ein? Viele Investoren wissen nicht um
ANZEIGE diese Zusammenhänge, wie Anton Vetter, Vorstand der BV & P Vermögen AG in Kempten, immer wieder beobachtet. Dabei gehört es zum Einmaleins für Anleihekäufer: „Entweder man lässt sich das Papier bei Fälligkeit zum Nennwert von 100 Prozent ausbezahlen und streicht bis dahin die Zinszahlungen ein. Oder man veräußert die Anleihe bei Kursgewinnen vorzeitig an der Börse“, erklärt Vetter (siehe Infokasten).
Schutz gegen Deflation
Der Finanzprofi rät Anlegern mit ausgewogenem Risikoprofil aktuell, ihren Anleihebestand zu prüfen und gegebenenfalls umzuschichten, wenn diese durch die Kurszuwächse ein zu großes Gewicht erreicht haben: „Wer den Depot-Schwerpunkt auf Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit und mehr gesetzt hat, kann einen Teil der Kursgewinne realisieren und damit das Depot auf ein breiteres Fundament stellen“, sagt auch Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG mit Niederlassung in Kempten.
Gleichwohl sollte ein Teil des Vermögens trotz Renditen nahe Null in sicheren Staatsanleihen bleiben, vor allem wenn der Kupon attraktiv ist – bei einem konservativen Kunden könne dieser Anteil, abgesehen von anderen Anleihen, bis zu 20 Prozent ausmachen, so Urban. Der Grund für die defensive Bastion im Depot: Durch die Anleihekäufe der EZB sei die Null bei den Renditen auch länger laufender Anleihen „keine Untergrenze mehr“.
Außerdem zeigt die Erfahrung, dass sich Anleger mit sicheren Staatsanleihen gegen das Risiko einer Deflation wappnen können, weil dann meist genau solche Papiere gesucht werden, was deren Kurse weiter nach oben treibt. Sogenannte Kurzläufer-Anleihen mit bis zu fünf Jahren Laufzeit bieten demgegenüber nur mäßigen Schutz gegen ein deflationäres Umfeld, weil sie weniger stark darauf reagieren wie eine 10-, 15- oder gar 30-jährige Staatsanleihe.
Stellt sich die Frage: Wohin mit dem Geld, das durch den Verkauf von Staatsanleihen in die Haushaltskasse kommt? Ein minimal verzinstes Bankkonto dürfte ja kaum ein sinnvoller Parkplatz sein. Beide Vermögensprofis raten zu einem Mix aus Aktien, Anleihen, Gold und Immobilienfonds – damit können sich Anleger gegen verschiedene Risiken absichern, die in diesen bewegten Zeiten alle mehr oder minder wahrscheinlich sind. Konkret: Gegen Deflation helfen, wie erläutert, Anleihen; gegen Inflation schützen Gold und Immobilienfonds. Mit Aktien wappnen sich Anleger gegen das „Risiko“, das die Gewinne und Bewertungen der Unternehmen kräftig anziehen und sie ansonsten nicht davon profitieren. Und Gold ist die ultimative Versicherung, falls den Menschen das Vertrauen ins Papiergeld abhanden kommt.
Weder Aktien noch Gold sind nach Vetters Dafürhalten zu teuer. Zwar scheint es, als sei der Deutsche Aktienindex (DAX) weit davongeeilt, doch das täuscht: „Der DAX bildet, anders als viele Indizes, neben den Kursgewinnen auch die Dividenden ab. Dadurch wirkt der Performance-Index teurer als andere Aktienbarometer“, so Vetter. Be- trachtet man den Kurs-DAX, der wie Dow Jones und Nikkei konzipiert ist, zeigt sich: Der DAX ohne Dividenden notiert nur gut zehn Prozent über dem Hoch von 2007 und nicht – wie der PerformanceDAX – fast 50 Prozent darüber. Ungeachtet dessen raten beide Finanzprofis zu einer Streuung des Aktienanteils auf Europa, USA, Japan und eventuell die Schwellenländer, sodass die Entwicklung des DAX allein nicht erfolgsentscheidend ist.
Gold kompensiert Euro-Schwäche
Relativ günstig ist Gold – ein weiterer Sachwert, der nach dem heftigen Einbruch 2013 nur noch wenig Beachtung findet. Die starke USWährung hat dafür gesorgt, dass das Edelmetall in Dollar gerechnet seit Anfang 2014 kaum Zugewinne verbucht. In Euro sieht es indes ganz anders aus: Seit Januar 2015 hat das Metall knapp zwölf Prozent an Wert gewonnen – und damit so viel wie im gesamten vergangenen Jahr. Zusammen ergibt das ein Plus von gut 25 Prozent in nur eineinviertel Jahren. „Gold hat damit die Kaufkraft für Euro-Anleger hervorragend bewahrt“, resümiert Gottfried Urban.