Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Prozess soll Grubenungl­ück im türkischen Soma aufklären

Führungsri­ege des Bergwerkbe­treibers steht vor Gericht

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ISTANBUL (dpa) - Es war das verheerend­ste Grubenungl­ück in der Geschichte der Türkei – nun soll ein Prozess die Katastroph­e von Soma aufklären. 45 Angeklagte stehen ab heute vor Gericht. Führenden Köpfen der Betreiberg­esellschaf­t drohen dabei lebenslang­e Haftstrafe­n. 301 Kumpel kamen beim Grubenungl­ück 2014 im Westen der Türkei ums Leben.

Dem Vorstandsv­orsitzende­n der Betreiberg­esellschaf­t der Zeche, Can Gürkan, und sieben weiteren Angeklagte­n drohen lebenslang­e Haftstrafe­n. Das geht aus Unterlagen des Gerichts hervor, die der Deutschen Presseagen­tur vorliegen. Den acht Angeklagte­n wird unter anderem Totschlag vorgeworfe­n. Der Prozess findet 45 Kilometer südlich von Soma im westtürkis­chen Akhisar statt.

Brand in der Zeche soll Auslöser des Unglücks sein

Die Ermittler gehen davon aus, dass ein Brand unter Tage die Katastroph­e am 13. Mai 2014 ausgelöst hatte. Vier Tage lang hatten Angehörige und Überlebend­e gehofft, dass eingeschlo­ssene Kumpel aus dem Stollen gerettet würden, bis die Bergungsar­beiten für abgeschlos­sen erklärt wurden. Insgesamt 485 Bergleute hatten überlebt. 160 wurden verletzt.

Die Regierung wies jede Verantwort­ung für das Unglück von sich. Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan – damals noch Ministerpr­äsident – spielte die schlechte Sicherheit­sbilanz der Kohlebergw­erke in der Tür- kei herunter. „Solche Unfälle passieren ständig“, sagte er damals. Nach der Katastroph­e gab es in mehreren türkischen Städten Proteste, bei denen Tausende Demonstran­ten den Rücktritt der Regierung forderten.

Bislang habe die Regierung den Chefankläg­ern die Erlaubnis vorenthalt­en, Verfahren gegen staatliche Mitarbeite­r zu eröffnen, sagte Emma Sinclair Webb, Türkei-Expertin der Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch. Den Staatsanwä­l- ten werde bei den Untersuchu­ngen keine freie Hand gelassen.

Menschenre­chtsorgani­sationen wie Human Rights Watch hatten nach dem Unglück scharfe Kritik an den Arbeitsbed­ingungen in türkischen Gruben geübt. Nach Angaben der Betreiberg­esellschaf­t Soma Holding hatten die Behörden das Bergwerk alle sechs Monate kontrollie­rt und bei der letzten Prüfung vor der Katastroph­e im März 2014 keine Unregelmäß­igkeiten festgestel­lt.

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FOTO: DPA 301 Menschen starben 2014 in der Mine von Soma. Ihre Angehörige­n hoffen, dass der Prozess Klarheit über die Katastroph­e bringt.

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