Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gericht verhandelt über Beiträge zur Erschließung
Anwohner der Hinderdorfstraße in Rulfingen hoffen, dass ihre Straße als historisch eingestuft wird
RULFINGEN - Die Anwohner der Hinterdorfstraße haben lange auf diesen Tag gewartet: Morgen wird um 14 Uhr vor dem Verwaltungsgericht in Sigmaringen öffentlich darüber verhandelt, ob die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für den Ausbau des hinteren Teils der Hinterdorfstraße rechtmäßig ist. Nach jahrelangen Diskussionen mit dem Landratsamt und der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Würtemberg, bei denen die Stadtverwaltung Mengen auf der Seite der Bürger stand, soll nun endlich Klarheit darüber geschaffen werden, ob die Anwohner die Beiträge, die sich auf Summen bis zu über 450 00 Euro belaufen, zahlen müssen.
Die Lage ist verzwickt: Im Jahr 2008 war die Hinterdorfstraße ein Stück von etwa 50 Metern verlängert worden, um ein Neubaugebiet an den Verkehr anzuschließen. Im Zuge dessen wurden die Wasserleitungen auf der gesamten Straßenlänge erneuert. Im Vorfeld hatte die Stadtverwaltung den Anwohnern versichert, dass die Anwohner keine Erschließungsbeiträge zu erwarten hätten. In der Verwaltung ging man fest davon aus, dass der alte Teil der Straße bereits 1976 endgültig hergestellt wurde. Schließlich lebten hier schon seit Jahrzehnten Menschen.
Im Landratsamt Sigmaringen waren die Verantwortlichen allerdings anderer Meinung: Eine Straße sei erst dann erschlossen, wenn sie auf der gesamten Länge fertiggestellt sei. Somit sei es durchaus legitim, alle Anwohner zur Kasse zu bitten. Die Kommunalaufsicht setzte die Stadtverwaltung unter Druck, die Beiträge einzufordern. So flatterten den Anwohnern nach langen Verhandlungen, bei denen sich schließlich die Gemeindeprüfungsanstalt BadenWürttemberg auf die Seite des Landratsamts stellte, die Bescheide mit den zu zahlenden Beiträgen ins Haus. Summen, die manche Familie um ihre Existenz bangen ließen.
Vor Gericht muss nun die Frage geklärt werden, wann eine Straße fertig ist und damit als eine sogenannte historische Straße bezeichnet werden kann. Dann könnten nämlich keine Beiträge mehr erhoben werden. Sei eine Straße nie endgültig hergestellt, könnten auch Jahre später noch Erschließungsbeiträge eingefordert werden.
Auf dem Papier verklagt nun ein Anwohner der Straße die Stadt Mengen. Morgen werden Beweise auf den Tisch gelegt werden müssen. Kann bewiesen werden, dass die Hinterdorfstraße vor der Erweiterung 2008 als fertig und historisch gegolten hat? Oder haben die Anwohner Jahrzehnte in einer unfertigen Straße gewohnt? Einige Dokumente sind durch einen Wasserschaden im Rulfinger Archiv vernichtet worden.