Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Neue Episode im „Krieg der Sterne“
Bei Mercedes kracht es nach dem Großen Preis von China zwischen dem Zweiten Rosberg und Sieger Hamilton
SCHANGHAI (dpa/SID/sz) - Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat den Großen Preis von China gewonnen. Nach dem Rennen krachte es im Mercedes-Lager. Nico Rosberg warf seinem Stallrivalen vor, ihm bewusst geschadet zu haben.
Rosberg fuhr hinter dem Briten zwar auf den zweiten Platz, konnte sich darüber aber kein bisschen freuen. Stattdessen war der gebürtige Wiesbadener auf 180. Sein Vorwurf: Hamilton habe ihm durch eine aus seiner, Rosbergs, Sicht phasenweise zu reifenschonende und damit zu langsame Fahrweise „Stress verursacht“. Stress im Duell mit dem Dritten Sebastian Vettel im Ferrari.
Zwei Wochen nach Vettels Sieg in Malaysia holte sich der 27-Jährige aus Heppenheim wie schon in Australien einen Podestplatz hinter den Silberpfeilen. „Das war ein sehr gutes Wochenende. Trotzdem ist die Motivation da, es künftig noch besser zu machen und Mercedes richtig unter Druck zu setzen“, sagte der bestens gelaunte viermalige Weltmeister: „Wir wollen die richtig ärgern.“
Streit über den Boxenfunk
Das gelang der Scuderia bereits in China – und sorgte für Zwist im Mercedes-Lager. Eigentlich hätte es ein entspannter Doppelsieg werden können, doch schon während des Rennens eskalierte der Streit. „Wenn Lewis weiter so langsam fährt, stecke ich in seinem Windschatten fest und ruiniere meine Reifen“, gab Rosberg an die Box weiter. Anschließend wurde Hamilton mit einem ungewöhnlichen Funkspruch aufgefordert, das Tempo zu erhöhen. „Lewis, gib ein bisschen mehr Gas“, lautete die Anweisung. Bei der anschließenden Pressekonferenz hakte der sichtlich angefressene Rosberg nach: „Es ist interessant, von dir zu hören, Lewis, dass du vorne nur an deine Geschwindigkeit gedacht hast.“
Schanghai-Rekordsieger Hamilton reagierte auf die Kritik des Zweitplatzierten unbeeindruckt. „Es ist nicht meine Aufgabe, mich um das Rennen von Nico zu kümmern“, stell- te er fest. „Meine Aufgabe besteht darin, meinen Wagen zu beherrschen und ihn so schnell wie möglich heimzubringen. Das habe ich auch gemacht.“Rosberg hätte ja versuchen können, ihn zu überholen, entgegnete Hamilton, der am Sonntag makellos über die 56 Runden raste.
Der Brite kontrollierte das Rennwochenende in China. In jedem Training und im Qualifying hatte er die Nase vorn und sicherte sich seine dritte Pole Position der Saison. Nach einem Start-Ziel-Sieg (wie bereits 2014) stand er als erster Fahrer überhaupt in China zum vierten Mal ganz oben auf dem Podest. Für MercedesTeam-Aufsichtsratschef Niki Lauda fährt der Brite momentan auf dem „Höhepunkt seiner Fahrqualitäten“, weshalb Rosberg in dieser Saison gegen den bärenstarken Hamilton sportlich keinen Stich landet.
Schon beim Start verteidigte Hamilton seine Spitzenposition im Kampfmodus: Er stellte seinen Wagen schräg in die Parkbox, um so direkt nach rechts vor Rosberg ziehen zu können. Der Plan ging auf. Nach überschaubarer Action auf der Strecke ging das Rennen dann unspektakulär hinter dem Safety Car zu Ende.
Nach dem 35. Karrieresieg des Briten war Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff um Beschwichtigung bemüht. „Dass Nico so emotio- nal gehandelt hat, ist verständlich“, sagte der Österreicher. „Dass Lewis es so gespielt hat, ist auch verständlich.“
Wolff warnte allerdings vor einer neuen Eiszeit zwischen den beiden Silberpfeil-Piloten: „Die Rivalität ist okay, solange sie nicht zu weit geht.“Er forderte eine konstruktive Nachbereitung des Rennens. Ausgerechnet vor dem Großen Preis von Bahrain am kommenden Sonntag, bei dem das erbitterte Teamduell vor einem Jahr auf der Strecke seinen Anfang genommen hatte, musste die Teamführung nun also schon wieder eingreifen. Vor Jahresfrist eskalierte die Situation zwischen den Merce- des-Fahren dann beim Rennen in Monaco. Im Fürstentum brach der Krach offen aus, nachdem der damals zweitplatzierte Hamilton Sieger Rosberg nach einem Eklat in der Qualifikation die Freundschaft gekündigt hatte.
Schwarzer Tag für Hülkenberg
Nico Hülkenberg erlebte in Schanghai einen rabenschwarzen Tag und musste seinen unterlegenen Force India schon in der elften Runde mit einem Defekt abstellen. „Das ist was Größeres“, funkte der 27-Jährige aus Emmerich an sein Team. Ein Getriebeschaden verhinderte, dass er die Zielflagge sah.