Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Sieben Spiele, eine Halbzeit oder eine Minute – egal
Mario Gomez ist nach seiner fabelhaften Saison bei Besiktas Istanbul absolut tiefenentspannt
AUGSBURG (dpa/sz) - Seine dritte Fußball-EM möchte Mario Gomez einfach nur genießen. „Ich habe gesagt, dass ich mich sehr gut fühle, dass ich mich topfit fühle“, berichtete der deutsche Torschütze nach dem 1:3 im EM-Test gegen die Slowakei. „Ich bin völlig entspannt und habe keinen Druck. Ich will ein schönes Turnier erleben.“Der 63. DFB-Auftritt von Gomez, der nach zwei schwierigen Jahren beim AC Florenz als Torschützenkönig und Meister bei Besiktas Istanbul wieder voller Zuversicht und Freude ist, gehörte für Bundestrainer Joachim Löw zu den positiven Erkenntnissen eines schwierigen Fußballabends.
Das Jahr in der Türkei hat Gomez sehr gutgetan und sehr zu seiner Gelassenheit beigetragen. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, noch ein oder zwei Jahre bei Besiktas zu spielen. Denn ich habe wieder mal gelernt, dass man keine Vorurteile haben sollte“, sagte der 30-jährige Unlinger dem „Kicker“. „Ich habe vor dem Wechsel mit vielen Menschen geredet, wie sie die Sache einschätzen. Jeder, der nie da war, sagte: Mach es nicht. Alle, die schon einmal da waren, sagten: Du wirst die beste Zeit deines Lebens haben. Und es war eines der schönsten Jahre meiner Karriere“, sagte Gomez.
Gegen die Slowakei sorgte Gomez mit seinem 27. Länderspieltor nicht nur für die deutsche Führung, sondern demonstrierte sein Selbstvertrauen auch, als er sich vor seinem ersten Elfmetertreffer im Nationaltrikot sofort den Ball schnappte. Dazu präsentierte sich der 30-Jährige körperlich gut in Schuss und zeigte auch spielerisch starke Aktionen.
„Natürlich müssen die Laufwege noch abgestimmt werden. Aber der Mario ist ein Stürmer der letzten Aktion. Wenn man ihn im Sechzehner richtig einsetzt, ist er brandgefährlich“, lobte Löw. Deshalb habe er in der Türkei 26 Tore gemacht. „Mario ist nicht immer der spielende Mittelstürmer, der ins Mittelfeld kommt, der mitkombiniert. Er ist ein Spieler, der vorne lauert und gute Wege geht.“
Nach seiner unglücklichen EM 2008 war der frühere BundesligaTorschützenkönig noch bei der EM 2012 und der WM 2010 dabei. Nach langer Verletzung verpasste er den WM-Triumph 2014.
Nach seiner Rückkehr in die Nationalelf würde sich Gomez auch mit einer Rolle als Joker begnügen, beteuerte er. „Ich bin weit entfernt davon zu sagen, es geht nur mit mir. Sehr weit sogar. Ich bin auch Fan von dieser Mannschaft und habe viele Spiele gesehen, in denen es ohne echten Stürmer, sondern mit der falschen Neun, hervorragend geklappt hat. Da wurden Gegner teilweise an die Wand gespielt“, schwärmte der 63-malige Nationalspieler gegenüber der „Welt“. „Aber es gab eben auch Spiele, in denen ein Mittelstürmer gebraucht wurde.“Ob er selbst daher nun sieben oder zwei Spiele oder nur eine Halbzeit oder gar nur eine Minute spiele, werde man sehen, erklärte der Stürmer.
Für ihn gilt nur eins: Es sollen schöne Wochen werden bis zum 10. Juli in Frankreich. Gomez hat im reiferen Fußballalter gelernt, den „Moment voll zu leben und voll zu genießen“. Der krönende Abschluss mit dem Europameister-Titel wäre für den Torhelden aus der Türkei dabei ein „wunderschönes Geburtstagsgeschenk“: Am Tag des EM-Finales wird Gomez 31 Jahre alt.