Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Merkel und Seehofer suchen Annäherung

Krisentref­fen im Kanzleramt – Unionspoli­tiker fordern Ende des internen Streits

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BERLIN (dpa/AFP) - Die Union sucht nach einem Ausweg aus ihrem Zerwürfnis über die Flüchtling­spolitik. Führende Politiker von CDU und CSU forderten ein Ende der Streiterei­en. Am Abend trafen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSUChef Horst Seehofer in Berlin zu einem persönlich­en Gespräch. Inhalte wurden zunächst nicht mitgeteilt.

Das Verhältnis der CDU-Chefin und des bayerische­n Ministerpr­äsidenten gilt als zerrüttet. Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) sagte: „Jetzt ist ein Zustand erreicht, der der Union im Ganzen schadet.“Auch weil die Zahl der Flüchtling­e zurückgega­ngen sei, „könnte die Dezibelstä­rke der Interviews ebenfalls zurückgefü­hrt werden“. CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer warf der CDU vor, sie habe kein Profil. „Wenn sich CDU und SPD immer mehr angleichen, schadet es allen.“

Laut „Bild“-Zeitung vermutet Seehofer ein Komplott. „Bis hinein ins Kanzleramt“gebe es Kräfte, die die CSU als „Fehlkonstr­uktion“betrachtet­en und beseitigen wollten. Wie massiv der Konflikt ist, zeigt der Streit um die geplante Klausur der Union am 24. und 25. Juni – nicht einmal auf den Ort können sich beide Seiten einigen. Das Treffen soll weder in München noch in Berlin stattfinde­n.

Die CSU hält Merkel zudem vor, mit ihrer Flüchtling­spolitik für die sinkenden Umfragewer­te der Union verantwort­lich zu sein. Aus der CDU verlautet, durch die ständigen Attacken von Seehofer auf Merkel kehrten Anhänger der Union den Rücken.

CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t mahnte: „Ich habe nicht den Eindruck, und das sollten wir auch nicht den Menschen einreden, dass das Vertrauen der Bürger in die Kanzlerin nicht mehr vorhanden wäre.“ Der Vorsitzend­e der Jungen Union, Paul Ziemiak, forderte eine geschlosse­ne Union für die Bundestags­wahl 2017 – „und nicht eine, die sich gegenseiti­g nur Vorwürfe macht“.

Nach einer aktuellen Umfrage verliert die Große Koalition weiter an Zustimmung und ist erstmals unter die Marke von 50 Prozent gerutscht. Wäre am Sonntag Bundestags­wahl, kämen CDU/CSU demnach auf 30 Prozent – ein halber Punkt weniger als in der Vorwoche. Die SPD verliert ebenfalls einen halben Punkt und liegt nur noch bei 19 Prozent.

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