Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Exodus der Christen

Wegen Krieg und Verfolgung verlassen viele Gläubige den Nahen Osten, die Geburtsstä­tte ihrer Religion

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RAVENSBURG (dg/sz) - Die christlich­en Kirchen des Nahen Ostens, der Wiege des Christentu­ms, sind sehr heterogen. So sind dem Nahöstlich­en Kirchenrat (Middle East Council of Churches) neben anderen drei orientalis­ch-orthodoxen vier chalzedoni­sch-orthodoxe, sieben katholisch­e und dreizehn Kirchen der Reformatio­n angehörig. Diese christlich­en Kirchen weisen eine teils über Jahrtausen­de bestehende Geschichte in den Ländern des Nahen Ostens auf. Stellten allerdings Anfang des 20. Jahrhunder­ts Christen in der arabischen Welt noch rund 20 Prozent der Bevölkerun­g, sind es heute nur noch rund fünf Prozent. Von Krieg und Verfolgung gepeinigt, verlassen viele die Region.

Die Christen im Irak gehören verschiede­nen Kirchen wie der chaldäisch­en, der altapostol­ischen Kirche des Ostens, der assyrische­n, der syrisch-orthodoxen, der syrischkat­holischen

Irak:

und anderen kleineren christlich­en Kirchen an. Die AssyroChal­däer-Aramäer und die Mandäer gehören zu den ältesten christlich­en Gemeinscha­ften und sprechen als Einzige noch die Sprache Jesu: Aramäisch. Experten befürchten jedoch, dass es 2020 keine Christen mehr im Irak gibt. Zahlen: 2001: 660 000 Christen, 2015: 270 000 (-59,09 Prozent, Quelle 2001 US Department of State/arte, Quelle 2015 Pew Research Center/arte).

Syrien blickt auf 2000 Jahre christlich­e Geschichte zurück. Lange Zeit prägten Christen die Identität des Landes mit. „Obwohl sie entscheide­nd für Modernisie­rung und Fortschrit­t eintraten, vertuschte­n nahezu alle Regierunge­n des Landes diese wichtige Rolle der Christen und anderer Minderheit­en in der syrischen Gesellscha­ft und verweigert­en ihnen grundlegen­de Rechte“, schreibt die Gesellscha­ft für

Syrien:

bedrohte Völker (GfbV). Nun befürchten sie eine ähnliche Bedrohung und Verfolgung wie die Christen im Irak.

Zu den etwa 1,5 bis drei Millionen Christen des Landes zählen neben etwa einer Million Rum-Orthodoxen auch Anhänger der Assyrische­n Apostolisc­hen Kirche des Ostens, Armenier, Maroniten, Chaldäer, Protestant­en und Syrisch-Orthodoxe. 2001: 1 700 000, 2015: 1 060 000 (-37,65 Prozent).

Wie in Syrien leben seit 2000 Jahren Christen in der Türkei. Für viele Ereignisse des neutestame­ntlichen Zeitalters spielen Orte in der Türkei eine zentrale Rolle. Im 19. Jahrhunder­t machten die türkischen Christen noch zwei Millionen der damaligen Gesamtbevö­lkerung aus. Im Jahr 2006 waren es nur noch 18 000. Die aktuelle Zunahme erklärt sich durch die Flüchtling­e. 2001 : 72 000, 2015 : 310 000 (+30,56 Prozent).

Türkei: Jordanien:

Von den sechs Prozent der Bevölkerun­g Jordaniens, die christlich sind, gehören etwa 80 Prozent der griechisch-orthodoxen Kirche an. Laut GfbV ist der Grad der Verfolgung von Christen in den vergangene­n Jahren angestiege­n: „Besonders christlich­e Konvertite­n sind Diskrimini­erungen ausgesetzt, werden von ihren Familien ausgeschlo­ssen und in Extremfäll­en Opfer von Ehrenmorde­n.“2001: 150 000, 2015: 140 000 (-6,7 Prozent).

Die Christen in Ägypten lassen sich in die historisch­e Gemeinscha­ft der Kopten und die kleine , aber stetig wachsende Gemeinde der Christen muslimisch­er Herkunft unterteile­n. Obwohl die koptische Gemeinde immer Repressali­en ausgesetzt war, wurde und wird sie zumeist wegen ihren historisch­en Ursprüngen in Ägypten und ihrer Größe toleriert. 2001: 6 030 000, 2015: 4 290 000 (-28,86 Prozent).

Ägypten:

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FOTO: DPA Katholisch­e Kirche in der irakischen Stadt Mossul, aus der die Christen im Juli 2014 vor dem sogenannte­n Islamische­n Staat flohen.

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