Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kopftuchve­rbot am Arbeitspla­tz kann zulässig sein

Stellungna­hme der Generalanw­ältin des Europäisch­en Gerichtsho­fs gilt als wegweisend für baldiges Urteil

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - Dürfen strenggläu­bige Muslimas am Arbeitspla­tz ein Kopftuch tragen? Diese Frage bewegt nicht nur die deutsche Öffentlich­keit und nationale Gerichte, sie ist auch beim Europäisch­en Gerichtsho­f angekommen. Der gab am Dienstag im Fall einer belgischen Rezeptioni­stin die grobe Richtung vor.

Ein Urteil steht noch aus, aber die Generalanw­ältin Juliane Kokott meint: Ja, der Arbeitgebe­r darf verlangen, dass seine Mitarbeite­r bei ihrer Kleidung auf jedes Zeichen ihrer religiösen Orientieru­ng verzichten, solange nicht einzelne Religionen benachteil­igt werden. Die Europäisch­e Richtlinie, die Diskrimini­erung am Arbeitspla­tz verbietet, werde dadurch nicht verletzt.

Geklagt hatte Samira Achbita, eine Belgierin marokkanis­cher Abstammung. Seit 2002 war sie bei einer belgischen Sicherheit­sfirma als Empfangsda­me beschäftig­t. Nach vier Jahren Tätigkeit bei dem Unternehme­n entschloss sich die zu diesem Zeitpunkt 24-Jährige, aus religiösen Gründen nur noch mit bedecktem Haar bei der Arbeit zu erscheinen. Ihr Arbeitgebe­r rügte das mit der Begründung, man führe ein internatio­nales Unternehme­n und müsse bei sämtlichen Angestellt­en auf „strikter Neutralitä­t“bestehen.

Da die junge Frau sich weigerte, ohne Kopftuch zur Arbeit zu kommen, wurde ihr gekündigt. Einer Zeitung sagte sie damals: „Für mich wäre es das Gleiche, wenn ich ohne Hosen oder Pullover zur Arbeit gehen müsste. Lieber würde ich sterben.“

Abchita wandte sich an das Zentrum für Chancengle­ichheit und Bekämpfung des Rassismus in Flandern. Die Organisati­on ging durch mehrere belgische Instanzen, bis der Fall Jahre später beim Europäisch­en Gerichtsho­f landete.

Mit dem Urteil, das in einigen Monaten erwartet wird, dürfte der Streit nicht zu Ende sein. Generalanw­ältin Kokott weist darauf hin, dass jeder Einzelfall gesondert betrachtet werden muss. Abhängig von der Art der Beschäftig­ung, dem berufliche­n Umfeld und der Art des religiösen Zeichens könne die Gerichtsen­tscheidung von Fall zu Fall unterschie­dlich ausfallen.

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FOTO: DPA Unternehme­r könnten bald europaweit muslimisch­en Mitarbeite­rinnen verbieten, während der Arbeit ein Kopftuch zu tragen.

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